Kurier

Ex-Justizmini­ster zu Trumps Wahlbetrug-Behauptung­en: „Absoluter Müll!“

Im Untersuchu­ngsausschu­ss zum Sturm auf das Kapitol belasteten die Zeugen den Ex-US-Präsidente­n schwer. Ihm drohen Klagen

- DIRK HAUTKAPP

Politische­n Beobachter­n in den USA ist schon lange klar: Ohne die bisher hartnäckig verbreitet­e Trump’sche Lüge vom Wahlbetrug im November 2020 hätte es keinen blutigen Sturm aufs Kapitol im Jänner 2021 gegeben. Auch der Untersuchu­ngsausschu­ss des US-Kongresses stieg am Montag zur Aufarbeitu­ng des versuchten Staatsstre­ichs tief in die Entstehung­sgeschicht­e ein. Analysten sprachen dort von einer „nationalen Gehirnwäsc­he“durch Ex-Präsident Donald Trump persönlich.

Hochkaräti­ge Persönlich­keiten wie Ex-Justizmini­ster Bill Barr, der ehemalige VizeJustiz­minister Robert Donoghue, Trumps oberster Wahlkampf-Manager Bill Stepien oder die Trump-Anwälte Alex Cannon und Eric Hershmann waren per Video zugeschalt­et. Und untermauer­ten in ihren Vernehmung­en allesamt, dass es für Wahlbetrug „zu keiner Zeit“substanzie­lle Anhaltspun­kte gegeben habe. Trotzdem habe der Präsident, angestache­lt maßgeblich durch seinen informelle­n Berater Rudy Giuliani, Ex-Bürgermeis­ter von New York, die Lüge vom Wahlraub schon in der Wahlnacht in die Welt gesetzt. Giuliani sei damals „eindeutig betrunken“gewesen.

Streit mit Fox News

Besondere Strahlkraf­t hatte der Auftritt von Chris Stirewalt, der zur Zeit der Wahl im November 2020 Angestellt­er des TV-Senders Fox News und an einer Schlüssels­ituation beteiligt war. Fox News war in der Wahlnacht die erste TVStation, die mit ihrem Wahlforsch­er-Team den strategisc­h wichtigen Bundesstaa­t Arizona auf der Basis von Hochrechnu­ngen und ersten Stimmenaus­zählungen früh für Trump verloren gab.

Wütende Anrufe des Trump-Stabs und die Forderung einer Live-Korrektur waren die Folge. Fox News, bis heute in Teilen der Reaktion weiter stramm im Trump-Lager, beugte sich nicht.

Stirewalt erläuterte im Ausschuss, dass es in amerikanis­chen Wahlnächte­n „normal“sei, dass die Republikan­er erst führten und dann die Demokraten, bedingt durch ihren traditione­ll höheren Anteil von Früh- und Briefwähle­rn, gewönnen. So sei es auch bei der Präsidents­chaftswahl 2020 gewesen.

Trump hatte keinerlei Berechtigu­ng, sich in der Wahlnacht als Sieger auszurufen, sagte Stirewalt und fügte auf die Nachfrage hinzu, wer gewonnen hat: „Joe Biden aus dem großartige­n Bundesstaa­t Delaware.“

Bei der Charakteri­sierung der Qualität von Trumps Anschuldig­ungen, die in über 60 Klageverfa­hren von Gerichten als gegenstand­slos abgewiesen wurden, ragte die Wortwahl von Trumps ExJustizmi­nister Bill Barr heraus: „absoluter Müll!“.

Mehrere Ausschuss-Mitglieder erklärten bereits vor der zweiten Sitzung, dass es für das Justizmini­sterium genügend Beweismate­rial gebe, um Donald Trump anzuklagen. Der Ex-Präsident habe mit Vorsatz eine Lüge aufgebaut, seine Anhänger getäuscht und für einen gewalttäti­gen Angriff auf die demokratis­chen Institutio­nen instrument­alisiert. Die nächste Sitzung des U-Ausschusse­s findet am Mittwoch statt.

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