Wer Klimaziele verfehlt, landet vor dem Gerichtshof
EU-Kommissar Timmermans stellt das klar
Fit-for-55. Was passiert, wenn EU-Staaten die enorm hohen Klimaziele nicht einhalten? Was beispielsweise droht Österreich, wenn es bis 2030 nicht wie vereinbart seine Treibhausgase halbiert?
Am Dienstag war EU-Klimakommissar Frans Timmermans in Wien, der KURIER fragte nach: „Wenn die Klimaziele von einzelnen Staaten nicht erreicht werden, dann endet das vor Gericht. Mitgliedstaaten haben sich gesetzlich zu einem Reduktionspfad verpflichtet. Es gäbe zuerst einen Dialog mit dem Land, und letztlich kann das zu einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof führen. Man kommt ja überall vor Gericht, wenn man ein Gesetz nicht respektiert“, erklärt der Vizepräsident der EU-Kommission.
Grundsätzlich sind EUVertragsverletzungsverfahren mehrstufig. Die EU-Kommission bittet bei Vertragsverletzungen um Stellungnahme. Kommt der Staat aber seinen Verpflichtungen nicht nach, kann der EuGH auch Geldstrafen (täglich fällig, monatlich oder jährlich) verhängen, die eine „abschreckende Wirkung“haben sollen. Derzeit lässt sich noch nicht eruieren, wie hoch Strafen beim Verpassen von Klimazielen sein könnten.
Timmermans outete sich auch als großer Bahn-Fan. Mit dem voraussichtlichen Ende der Verbrenner-Pkw im kommenden Jahrzehnt drängt sich die Frage nach dem europäischen Bahnnetz auf. Noch gibt es ja keine Möglichkeit, ein Ticket von Wien nach Madrid zu kaufen.
„Ja, das ist zum Verrücktwerden“, sagt Timmermans. „Die ÖBB sind für uns ein Vorbild, die viel geschafft haben. Das müssen die anderen Staaten nachholen. Wenn man die europäischen Bahnen ansieht, gibt es überall noch Grenzen, die sind schrecklich.“Konkret meint er damit, dass in allen Staaten unterschiedliche Stromfrequenzen und Sicherheitssysteme existieren, dass das Zugpersonal anders ausgebildet, und es keinen einheitlichen TicketVerkauf gibt.
Versprochen
Wird es hier neuen Regeln aus Brüssel geben? „Mir haben die Bahnen versprochen, das noch 2022 zu machen. Wenn sie das nicht hinkriegen, komme ich mit Vorschlägen – dann werden wir das gesetzlich aus Brüssel bestimmen. Sie haben aber nur mehr wenig Zeit. Bis Jahresende erwarte ich mir eine deutliche Verbesserung beim Ticketing, mehr Nachtzüge, und mehr Lösungen für die Probleme an den Grenzen“, sagt der Vizepräsident der EU-Kommission.
Timmermans ist Gast beim „Austrian World Summit“in Wien. Bei der Eröffnung erinnerte Bundespräsident Van der Bellen an den 30. Jahrestag des „Erdgipfels“in Rio 1992, dessen Resultat ein erstes Umweltabkommen zur Bekämpfung „gefährlicher menschlicher Eingriffe in das Klimasystem“gewesen war. Getan wurde seither wenig, „immer wieder war anderes wichtiger“, etwa die Finanzkrise oder die Pandemie. „Jetzt läuft uns die Zeit davon“.