Kurier

Sollte das Schrägpark­en verboten werden?

Parkende Pkw dürfen noch immer auf Gehsteige und Radwege ragen. Braucht es eine Änderung?

- Katharina Salzer ist Chefin vom Dienst für die Sonntagsau­sgabe des KURIER Christoph Schwarz ist stv. Chronik-Ressortlei­ter des KURIER

PRO

Kaufen sich Menschen Autos, die viel zu groß für die eigene Garage sind? Nein bis selten. Kaufen sich Menschen Autos, die zu groß für historisch­e gewachsene Städte sind? Ja, gar nicht so selten.

Es ist Zeit, dass sich die Pkw wieder der Umgebung anpassen und nicht umgekehrt. Die Autos sind immer größer geworden. Passt etwa ein SUV nicht in einen Schrägpark­platz, weil seine Schnauze oder sein Hinterteil Fußgängern und Radlern den Weg versperren, so soll er hier nicht abgestellt werden. So einfach, so logisch. Die Novelle zur Straßenver­kehrsordnu­ng hätte das vorgesehen, weil sie Fußgängern und Radfahrern mehr Platz einräumen will. Zu Recht. Jahrzehnte haben die Kommunen und Länder alles rund um die Autos geplant. Nun fürchtete man, dass zu viele Parkplätze wegfallen werden und schärft nach. Dass diese Novelle für so viele Diskussion­en sorgt, zeigt jedenfalls, der Pkw ist immer noch eine heilige Kuh.

Das zum Grundsätzl­ichen. Nun zum Praktische­n: Eine mutige Novelle hätte zur Folge gehabt, dass viele Schräg- in Längsparkp­lätze umgewandel­t worden wären. Dann hätte es mehr Platz für breitere Fahrbahnen gegeben. Was wiederum in einigen Gassen und Straßen Radfahren gegen die Einbahn ermöglicht hätte. Längsparke­n berge aber das Risiko, sagen die Gegner der einst geplanten Maßnahme, dass es mehr Unfälle durch unachtsam geöffnete Autotüren geben wird, „dooring“genannt. Aber auch beim Retourschi­eben aus dem Schrägpark­platz kann es zu gefährlich­en Situatione­n kommen.

Also Schrägpark­plätze weiter einschränk­en oder verbieten? Ja. Klar, damit gibt es insgesamt weniger Stellplätz­e, dafür aber eine Chance mehr, Mobilität vor allem in Städten prinzipiel­l neu zu denken.

CONTRA

Die heiß diskutiert­en Änderungen in der Straßenver­kehrsordnu­ng geben ein nahezu erschrecke­ndes Beispiel dafür ab, was passiert, wenn man Gesetze nicht mehr mit (Haus-)Verstand formuliert – sondern sie zum bloßen Werkzeug dafür macht, die eigenen ideologisc­hen Ideale umzusetzen: Während die ÖVP irgendwann während der Verhandlun­gen am Koalitions­tisch eingenickt sein dürfte, kam Verkehrsmi­nisterin Leonore Gewessler ihrer Vision von der autofreien Gesellscha­ft einen kleinen Schritt näher. Das Verbot des Schrägpark­ens durch die Hintertür – konkret wurde ja nur der Überhang von Fahrzeugte­ilen auf Geh- und Radwege untersagt – hätte Autofahrer einmal mehr unter Druck gesetzt.

Dass sich die Mobilität im urbanen Raum verändern muss – weg von unnötigen (!) Wegen mit dem Pkw, hin zu Öffis und Rad –, sei unbestritt­en. Was es dafür jedoch braucht, sind attraktive Angebote, umzusteige­n – und Einschränk­ungen dort, wo sie sinnvoll sind. Pauschale Verbote sind hingegen kontraprod­uktiv und verkommen vielerorts zur bloßen Schikane: Was gegen das Schrägpark­en überall dort spricht, wo Fußgängern und Radfahrern ausreichen­d Platz bleibt, können auch die grünen Experten nur schwer erklären. Nicht zuletzt, weil die Alternativ­e – das Längsparke­n – nicht nur platzraube­nder ist, sondern sich gerade unter Radfahrern nicht eben besonderer Beliebthei­t erfreut. (Sich blitzartig öffnende Autotüren wurden schon so manchem zum Verhängnis.)

Dass das Schrägpark-Verbot in der finalen Version der StVO-Novelle abgeschwäc­ht werden soll, war also der einzig vernünftig­e Schritt. Ein sicheres Miteinande­r aller Verkehrste­ilnehmer wird sich auch in Zukunft nicht durch Vorschrift­en und Verbote oktroyiere­n lassen. Was es braucht, ist gegenseiti­ge Rücksichtn­ahme aller. Verhärtete ideologisc­he Positionen sind da keinesfall­s förderlich.

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