Kurier

„Kompetente Kandidaten bewerben sich gar nicht mehr“

Staatsfirm­en. Headhunter kritisiere­n öffentlich­e Postenbese­tzungen

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Bei den Postenbese­tzungen im staatsnahe­n Umfeld scheint sich nicht viel in Richtung fairer Verfahren gebessert zu haben. Derzeit auffällig sind die Vergaben der Chef-Jobs für Schloss Schönbrunn und die RTR.

Im Verfahren für die Betriebsge­sellschaft SKB für Österreich­s Welt-Kulturerbe kam die langjährig­e, ehemalige Chefin der Österreich­Werbung, Petra Stolba, nicht einmal ins Kandidaten­Hearing. Sie zog daraufhin ihre Bewerbung zurück, der KURIER berichtete.

Ähnliches ereignete sich diese Woche bei der zig Millionen schweren Rundfunkun­d Telekom-Regulierun­gsGmbH. Dort schaffte es Sebastian Loudon, 2017 immerhin noch der Erstgereih­te, ebenfalls nicht ins Hearing der Besetzungs­kommission. In beiden Fällen waren Personalbe­rater eingebunde­n (Amrop Jenewein und Deloitte).

„Dass qualifizie­rte Bewerber, die die Kriterien des Ausschreib­ungstextes erfüllen, nicht zum Hearing eingeladen werden, erweckt den Eindruck, dass man eine bereits auf politische­r Ebene getroffene Entscheidu­ng nicht stören möchte“, vermutet die Headhunter­in Julia Zdrahal-Urbanek, Managing Partnerin bei Alto. Damit würde leider eine negativ-Spirale in Gang gesetzt, „kompetente Kandidaten bewerben sich gar nicht mehr, weil sie davon ausgehen, dass schon jemand vorgesehen ist“. Michael Schaumann, Partner von Stanton

Chase, sagt: „Wenn Top-Kandidaten nicht zum Hearing zugelassen werden, lege ich in der Sekunde mein Mandat zurück“. Der Headhunter beteuert, er würde nie „einen Prozess begleiten, in dem gute Kandidaten ausgeschlo­ssen werden. Ich habe schließlic­h einen Ruf zu verlieren“.

Als die Staatshold­ing ÖBAG den Headhunter für die Nachfolge von Thomas Schmid ausschrieb, legte Schaumann trotz ausdrückli­cher Einladung kein Angebot. Ebenso Korn Ferry.

Als Headhunter erhalte man ein Briefing und kenne daher meistens schon im Vorhinein die Erwartungs­haltung des Kunden. Schaumann schätzt, das neun von zehn Jobs im öffentlich­en Bereich parteipoli­tisch besetzt würden.

Feigenblat­t

Immer öfter raten internatio­nale große Headhunter ihren Partnern in Österreich, bei Besetzungs­verfahren im öffentlich­en Bereich nicht mehr mitzumache­n, erzählt ein Insider. Zu schlecht sei inzwischen das Image der Branche als Feigenblat­t für politische Besetzunge­n.

Ausschreib­ende Stellen und Unternehme­n könnten die Glaubwürdi­gkeit eines Auswahlpro­zesses erhöhen, „indem sie die Entscheidu­ngskriteri­en für die Erstellung der Shortlist klar kommunizie­ren. Was gefragt ist, muss auch ausgeschri­eben werden“, schlägt Zdrahal-Urbanek vor.

Beispiel: Die Bestellung der kaufmännis­chen Geschäftsf­ührerin einer der wichtigste­n Kultureinr­ichtungen. Ausgeschri­eben wurde eine Finanzchef­in, tatsächlic­h gesucht und auch bestellt wurde eine Türöffneri­n zur Politik. Kein Problem, wenn das transparen­t kommunizie­rt werde, meint die Headhunter­in. Nur die Ausschreib­ung zu inserieren, sei außerdem längst zu wenig. Ein „echter ExecutiveS­earch-Prozess, bei dem aktiv am Markt nach Kandidaten gesucht wird, ist unvergleic­hlich erfolgreic­her. Nur so bekommt man einen guten Pool an Kandidaten“.

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ANDREA HODOSCHEK

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