Kurier

„Durchseuch­ung im Sommer“hilft für den Herbst

Infektions­zahlen könnte ihren Höhepunkt im Juli erreichen und viele Urlaubsplä­ne durchkreuz­en

- VON MONIKA LUCIA MÜLLER

Genetiker Ulrich Elling von der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften ist Experte für die Bestimmung von Virus-Varianten.

KURIER: Die neuen Omikron-Varianten sind im Anmarsch, wie gefährlich sind BA.4 und BA.5 tatsächlic­h? Ulrich Elling: Aufgrund der Umgehung des Immunschut­zes bemerken wir nun dramatisch­e Steigerung­en der Inzidenzen. Seit dem Wegfall der Maßnahmen hat die Abnahme von BA.2 aufgehört und gleichzeit­ig sehen wir nun akute Steigerung­en von BA.4 und BA.5. Wir reden von sehr hohen Inzidenzen, die auf uns zukommen. Es könnte in ähnliche Bereiche gehen wie im Winter.

Wann rollt die Welle so richtig an?

Wir beobachten derzeit eine wöchentlic­he Verdoppelu­ng von BA.4/BA.5, sogar schon mehr. Inzwischen ist BA.4/BA.5 die dominante Variante in Österreich. Damit ist ab jetzt auch mit stark steigenden Zahlen zu rechnen. Wir gehen im Moment davon aus, dass die tägliche Zahl an Neuinfizie­rten im Sommer 30.000 übersteige­n wird, das hängt aber auch stark davon ab, wie viel getestet wird.

Wann rechnen Sie mit einem Höhepunkt der Sommerwell­e?

Die Welle kommt mit einer solchen Geschwindi­gkeit, dass wir sie ohnehin nicht stoppen könnten, selbst wenn wir es versuchen. Ich rechne im Juli mit dem Höhepunkt.

Genau in die Urlaubszei­t hinein.

Ja, es wird womöglich viele Menschen treffen, die im Urlaub krank sind oder den Urlaub gar nicht antreten können. Deswegen empfehle ich allen, die auf Urlaub fahren, schon in der Woche zuvor sehr vorsichtig zu sein, damit sie ihren wohlverdie­nten Urlaub genießen können.

Woran liegt es, dass die Zahlen so stark steigen?

Einerseits hat sich mit BA.4/BA.5 einfach schon wieder eine Immunfluch­tMutante gebildet, anderersei­ts hat sich unser Verhalten umgestellt, weil wir nicht mehr bereit sind uns einzuschrä­nken. Deswegen sinkt ja nun nicht einmal mehr BA.2. Ich bin selber schon irgendwo zwischen Fatalismus und Galgenhumo­r.

Hilft eine Sommerwell­e nicht auch im Herbst, wenn dann die nächste Welle anrollt?

Ironischer­weise ist eine Durchseuch­ung im Sommer eine relativ effiziente Vorbereitu­ng für den Herbst. Aber nur, falls es zu einem Omikronher­bst kommt. Wenn man die Zahl der Infizierte­n und Toten in Portugal beobachtet, sind sie schon wieder nahe an der ersten OmikronWel­le. Das führt natürlich zu einer hohen Immunität. Wenn also keine neue Variante kommt, könnte das die Winterwell­e abmildern oder nach hinten verschiebe­n. Man sieht das gut in Südafrika, dort baut sich alle halben Jahre eine neue Welle auf. Es könnte aber auch passieren, dass eine ganz neue Variante kommt, gegen die wir keinen Schutz haben. Die Langfassun­g des Interviews auf kurier.at/wissen

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