Neues Album, neues Abenteuer
Yann Tiersen. Der weltberühmte französische Musiker („Die fabelhafte Welt der Amélie“) liebt das Spiel mit dem Sound. Auf seinem neuen Werk „11 5 18 2 5 18“kehrt der Eigenbrötler zu seinen Wurzeln zurück
Yann Tiersen ist ein Meister der Verwandlung. Seine Akkordeon-Klänge haben „Amélie“durch „die fabelhafte Welt“begleitet – und den Franzosen auf einen Schlag weltberühmt gemacht. Aber es gibt auch den anderen Yann Tiersen, den Soundforscher, der sich seine Synthesizer selber zusammenschraubt, sich akribisch und vergnüglich Betriebsanleitungen von Keyboards und anderen analogen Klangerzeugern widmet. Oder den Naturfreund, der Landschaften vertont, Vogelgezwitscher, Windhauch oder Meeresrauschen zu Melodien verarbeitet – nachzuhören auf seinen beiden jüngsten Alben „All“(2019) oder „Kerber“(2021).
Mit „11 5 18 2 5 18“hat Tiersen nun ein neues Werk veröffentlicht und kehrt damit zu seinen Wurzeln zurück, wie er im KURIER-Interview sagt.
KURIER: Was steht hinter dem kryptischen Albumtitel, Songs, die den Namen „11 5 18 12 1 14 14“tragen?
Yann Tiersen: Das Album ist im Grunde genommen meine Arbeit an einer Live-Version von „Kerber“für die letztjährige Superbooth-SynthesizerMesse in Berlin: Anstatt das Album zu spielen, habe ich einfach alles gesampelt, was mir wichtig erschien. Entstanden sind so neue Songs, die auf dem „Kerber“-Material basieren.
Mit dem Original hat das aber kaum noch was zu tun.
Das stimmt. Bis auf die Quelle der Samples ist alles anders, alles neu. Da es stark auf einer synthetischen Klangerzeugung, bei der ein kontinuierlicher Klang aus vielen kleinen Einzelklängen neu zusammengesetzt wird, basiert, habe ich versucht, die früheren Titel in Zahlen zu übersetzen, die einem bestimmten Code folgen. Wenn man so will, war das genau derselbe Prozess, den ich musikalisch gemacht habe. Der Code ist ziemlich einfach zu entschlüsseln ...
Stecken hinter den Zahlen die Buchstaben des Alphabets?
Ja, genau.
Das Album ist enorm basslastig, könnte auch von einem Techno-Produzenten stammen. Woher kommt diese
Liebe zur elektronischen Tanzmusik, zu Synthesizern?
Meine erste Platte, die ich mir als Jugendlicher gekauft habe, war eine Platte von OMD. Und als ich 13 Jahre alt war, habe mir dann auch meinen ersten Synthesizer gekauft. Das war ein Roland Juno 106 – damit fing alles an. In diesem Sinne ist das, was ich heute mache, eher eine Rückkehr zu meinen Wurzeln.
Haben Sie für das Album also ausschließlich mit analogen Klangerzeugern gearbeitet? Ganz genau. Ich habe keinen Computer verwendet, sondern mit einem kleinen analogen Set-up gearbeitet: Ein Elektron Octatrack, eine 303, eine Drummachine und ein DJ-Mixer. Ich habe dafür zum Beispiel Ritchie Hawtins Modell 1 benutzt. Das Album kommt im Grunde als ZweiSpur-Stereosignal aus dem Mixer.
Haben Sie sich im Vorfeld auch durch verschiedene Techno-Tracks gehört, gab es Einflüsse oder Inspirationsquellen aus der elektronischen Musik?
Ich höre ständig eine Menge elektronischer Musik, vor allem seit ich eine Radioshow für „Blast Radio“mache. Außerdem versuche ich wirklich, mich nicht zu wiederholen. Jedes neue Album ist ein neues Abenteuer, wenn man so will.
Zwischen den Bässen und Synthesizern schimmern immer wieder warme und angenehme Klänge durch. Es gibt auch Gesang. Wem gehört die Stimme?
Das ist meine Frau Èmilie alias Quinquis, die gerade selbst ein neues Album veröffentlicht hat (siehe CD-Kritik rechts, Anm. der Red.).