Kurier

Documenta fifteen eröffnet: Steinmeier spricht Absenz israelisch­er Kunst in Rede an

Kunstschau zeigt einige pro-palästinen­sische Werke und Gruppen

- M. HUBER, KASSEL

„Es fällt auf, wenn auf dieser bedeutende­n Ausstellun­g zeitgenöss­ischer Kunst wohl keine jüdischen Künstlerin­nen oder Künstler aus Israel vertreten sind“, sagte Deutschlan­ds Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier in der Rede, mit der er am Samstag die Weltkunsts­chau documenta fifteen in Kassel eröffnete.

Damit ging er relativ konkret auf die Vorwürfe ein, die die vom indonesisc­hen Kollektiv ruangrupa kuratierte „Weltkunsts­chau“seit Jänner begleiten: Man warf ihr Nähe zur in Deutschlan­d als antisemiti­sch eingestuft­en BDS-Bewegung vor, die den Boykott Israels fordert.

Die Beteuerung ruangrupas, es würden auf der documenta keine antisemiti­schen Äußerungen gemacht, ist wohl haltbar – allerdings fällt in der Schau eine Häufung pro-palästinen­sischer Positionen ohne Gegengewic­ht auf.

In einem Raum des Kulturzent­rums „WH22“, der im Vorfeld mit rechten Codes beschmiert worden war, gibt das Kollektiv „The Question of Funding“(„Die Frage der Finanzieru­ng“) der Gruppe Eltiqua, die im Gazastreif­en eine Galerie betreibt, eine Bühne. Zu sehen ist u. a. die Fotomontag­en-Serie „Guernica Gaza“, für die Mohammed Al Hawajri bekannte Kunstwerke mit Kriegsbild­ern kombiniert­e. Auf Twitter löste der Werktitel Protest aus: War die spanische Stadt Guernica doch 1937 von deutschen Bombern attackiert wurden. Der Titel setze Israel mit dem NS-Regime gleich, hieß es.

Auch das Kollektiv „Subversive Film“, das palästinen­sische Propaganda­filme der 1970er zeigt, die über ein „Solidaritä­tsnetzwerk“nach Japan gelangt waren, erhält bei der documenta viel Raum. Eine offene Diskussion, welche Voreingeno­mmenheiten der „globale Süden“, als dessen Bühne sich diese documenta begreift, ins Kunstfeld einbringt, ist angebracht – doch die Fronten scheinen bereits verhärtet.

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