„Es landet viel Geld bei Menschen, die es nicht brauchen“
Momentum Institut hält Paket für sozial zu wenig treffsicher
KURIER: Wie bewerten Sie das Anti-Teuerungspaket? Oliver Picek: Positiv ist die Indexierung der Sozialleistungen. Wir haben das Problem, dass die Familienbeihilfe seit 2000 ein Drittel an Wert verloren hat. Das spürt die alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern enorm. Damit wird zumindest ein künftiger Kaufkraftverlust verhindert. Nicht so gelungen ist, dass zwar sehr viel Geld bewegt wird, aber trotz Bedarf nicht alles im untersten Drittel der Gesellschaft ankommt. Den Teuerungsausgleich in Höhe von 300 Euro bekommt zum Beispiel nur die Hälfte von jenen 1,2 Millionen Menschen, die armutsgefährdet sind.
Fehlt also in Summe die soziale Treffsicherheit?
Es landet doch sehr viel Geld bei Menschen, die es nicht unbedingt brauchen. Maßnahmen wie den 500Euro Klima- und Teuerungsbonus bekommen alle, dann wird noch viel Geld an die obere Mittelschicht und Großunternehmen ausgeschüttet. Stattdessen hätte man Sozialleistungen tatsächlich armutsfest machen, sie über die Schwelle der Armutsgefährdung heben und Armut in Österreich so massiv verringern können.
Halten Sie die Abschaffung der Kalten Progression in dieser Form für richtig?
Ich finde das eigentlich falsch. Natürlich muss die Kalte Progression ausgeglichen und immer wieder zurückgegeben werden. Das geschah in der Vergangenheit auch regelmäßig über Steuerreformen. Jetzt haben wir ein System, wo das automatisch passiert und vor allem höhere Einkommen profitieren. Wenn es durch hohe Energiepreise wirklich zu einer Wirtschaftskrise kommt, habe ich Angst, dass uns der Spielraum fehlt, um vor allem niedrigere Einkommen zu entlasten. Und mir fehlt auch eine Gegenfinanzierung der Kalten Progression – etwa durch eine Besteuerung von Vermögen, Unternehmensgewinnen oder Erbschaften.
Heizen die Hilfen in dieser Höhe die Inf lation an?
Der Finanzminister sagt selber, das Paket sei nur zur Hälfte ausfinanziert. In einer Zeit, wo die Konjunktur gut läuft, wir aber große Angebotsprobleme haben, versuchen wir das nun mit mehr Nachfrage zu lösen. Ich sehe die Gefahr, dass das die Inflation zusätzlich antreibt. Natürlich muss man für das unterste Drittel der Gesellschaft jetzt mehr ausgeben. Aber eigentlich muss der Staat das gleiche Geld oben rausnehmen. Aktuell haben Besserverdiener auch mehr Geld zur Verfügung und treiben die Preise, indem sie mehr kaufen. Das könnte die Probleme für das unterste Drittel beim Wohnen, Essen und Heizen verschlimmern.
Hätte man den 500-EuroKlimabonus sozial staffeln sollen?
Eine soziale Staffelung wäre auf jeden Fall sinnvoll gewesen. Mit dem höheren Klimabonus wäre es nicht nötig gewesen, die CO2-Steuer zu verschieben. Die gleicht der Bonus mehr als aus.
Fehlen im Paket Mehrwertsteuersenkungen?
Ja. Gerade diese enorme Verteuerung der Grundbedürfnisse beim Wohnen, der Energie oder Lebensmitteln, hätte man angehen müssen. Wie? Eine breite Mehrwertsteuersenkung beim Sprit wäre nicht zielsicher. Einkommensstarke Leute fahren mehr mit dem Auto. Was dem unteren Drittel aber durchaus helfen würde, wäre eine Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel. So hat der Bankdirektor, der sich Kaviar bestellt, keine vergünstigte Mehrwertsteuer. Der Mindestpensionist, der Brot oder Milch kauft, aber schon.