Kraftwerk Mellach: Die Hürden zum Umstieg
Fehlender Brennstoff, kein Personal, unklare Kosten
Die Ukraine-Krise führt die österreichische Energieversorgung einen Schritt in die Vergangenheit: Etwas mehr als zwei Jahre ist es her, dass die Kohleverstromung in Österreich im März 2020 beendet wurde. So „endgültig“, wie Klimaschutzministerin Leonore Gewessler den Schritt damals gesetzt haben wollte, wird er nun nicht. Das Verbund-Kraftwerk im steirischen Mellach soll im Notfall, also etwa im Falle einer Gasknappheit, wieder mit Kohle betrieben werden.
Technisch seien die Umbauten „durchaus machbar“, bestätigt eine Verbund-Sprecherin dem KURIER. Wie lange es dauert, sei aus heutiger Sicht nicht abzusehen, es könne sich aber um „einige Monate“handeln. Ob das Kraftwerk zum Beginn der Heizperiode bereits eingesetzt werden kann, ist demnach nicht klar. Denn bei der Inbetriebnahme gebe es „zwei große Herausforderungen“. Die erste ist das fehlende Personal. Der Verbund will nun prüfen, ob umgeschulte
Mitarbeiter, die zuletzt im Kohlekraftwerk Mellach gearbeitet haben, wieder dort eingesetzt werden können. Auch wo der Brennstoff herkommt, ist noch unklar.
Das Fernheizkraftwerk Mellach wurde 1986 in Betrieb genommen. Die Anlage lieferte neben Strom auch Fernwärme für die Stadt Graz. Etwa 400.000 Tonnen Kohle wurden pro Jahr verheizt. Nach dem Ende der Kohleverstromung wurde das Kraftwerk für die Nutzung mit Erdgas umgerüstet. Es kam aber nur zur Netzstützung zum Einsatz.
Eine einfache Lösung gegen die Gas-Abhängigkeit ist die Reaktivierung aber nicht. Das Kraftwerk Mellach hat im Kohlebetrieb eine maximale Leistung von 246 Megawatt. Zur Relation: Österreichweit sind Gaskraftwerke mit 4.350 Megawatt Leistung installiert. Alleine das zweite, 2012 in Betrieb genommene Gaskraftwerk des Verbund in Mellach bringt bis zu 800 Megawatt Leistung.
Wie viel Geld die Reaktivierung als Kohlekraftwerk kostet, werde derzeit evaluiert, heißt es beim Verbund. Bezahlen wird dafür aber nicht das Unternehmen, sondern die öffentliche Hand. Wie die weiteren Kosten gedeckt werden, soll erst noch vereinbart werden. Eine relevante Kostenersparnis gegenüber Strom aus Gas bringt Kohle laut Experten der Regulierungsbehörde E-Control übrigens nicht.
Dürnrohr
Weitere Kohlekraftwerke sollen nicht reaktiviert werden. So bleibt etwa das 2019 stillgelegte Kraftwerk Dürnrohr von Verbund und EVN in Niederösterreich außer Dienst. Das Kraftwerk „steht so nicht mehr zur Verfügung“, heißt es bei EVN zum KURIER. Man habe dort nicht nur kein Personal und keinen Brennstoff mehr, sondern auch keine Betriebsbewilligung. Mit der alten Technologie um eine neue ansuchen, sei aussichtslos. Zudem seien Teile der Rauchgasreinigung bereits abgebaut und verkauft. Auf dem Gelände des alten Kohlelagers will EVN noch heuer mit dem Bau einer Fotovoltaikanlage beginnen.