„Ich denke, Waldhäusl wusste, wofür er zuständig ist“
Mikl-Leitner als Zeugin im Prozess gegen FPÖ-Landesrat
Die (reguläre) Arbeitswoche begann für Johanna MiklLeitner Montagfrüh am Landesgericht St. Pölten. Ohne Leibwächter, dafür von einem Juristen begleitet, wartete sie gut gelaunt auf ihre Prozess-Premiere („Ich bin zum ersten Mal vor Gericht, ein schönes Gebäude“) und beantwortete die Fragen der wartenden Journalisten.
Ein paar Minuten später musste die niederösterreichische Landeshauptfrau abermals Fragen beantworten. Diesmal gestellt von der Richterin, dem Staatsanwalt und den Verteidigern.
Die Causa, die bereits seit sechs Prozesstagen verhandelt wird, ist heikel. MiklLeitners Regierungskollegen Gottfried Waldhäusl (FPÖ) brachte sie eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs ein, eine ehemalige Landesbedienstete muss sich wegen Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung verantworten.
Flüchtlinge
Die Schöffenverhandlung dreht sich um die Verlegung von Minderjährigen in das mit Stacheldraht begrenzte Asylquartier Drasenhofen im Weinviertel 2018. Die beiden Beschuldigten, Waldhäusl und die Ex-Mitarbeiterin, sollen laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zumindest 14 jugendliche Flüchtlinge in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt haben, weil sie die Verlegung in das Quartier Drasenhofen veranlasst haben sollen. Damit seien die Jugendlichen einer „ihrer Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahmen unterworfen“worden.
Wenig Erhellendes bringt die Befragung Mikl-Leitners als Zeugin. Zur Erinnerung: Vier Tage nach der Eröffnung ließ sie das Stacheldraht-Lager schließen. „Mein Büro hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass es hier eine ganz klare Meinung der unabhängigen Kinder- und Jugendanwältin gibt, wonach die Zustände nicht den Anforderungen entsprechen, um Kinder und Jugendliche unterzubringen.“Deshalb habe sie gebeten, sofort die Verlegung in eine adäquate Einrichtung zu veranlassen. Weil sich Waldhäusl dafür nicht zuständig fühlte, sei der Verfassungsdienst aktiviert worden, um die Sache juristisch zu prüfen.
Die ÖVP-Politikerin betonte im Zeugenstand zudem, dass sie über Planungen für das Asylquartier „keinerlei Informationen“hatte, weil dies in den Verantwortungsbereich des Landesrats falle. In Richtung Waldhäusl meinte sie auf die Frage der Richterin: „Ich denke schon, dass er gewusst hat, wofür er zuständig ist.“Nach zehn Minuten war die Befragung der Landeschefin erledigt.
Ein Urteil in der Causa Drasenhofen wird voraussichtlich im September fallen. Auch Flüchtlinge sollen noch als Zeugen aussagen.