Wenn die Ordination per Bus anrollt
In Hessen fährt ein „Medibus“regelmäßig Orte an, in denen es keinen Arzt mehr gibt. Jetzt wurde das Konzept in Österreich präsentiert. Krankenkasse und Ärztekammer sind aber zurückhaltend
Um 8.30 Uhr ist Ordinationsbeginn im „Medibus“– heute, Dienstag, in Weißenborn, der kleinsten eigenständigen Gemeinde in Hessen.
Jeden Dienstag am Vormittag und jeden Donnerstag am Nachmittag hält der Medibus, die mobile Hausarztpraxis, in diesem Ort in Deutschland. An Bord sind ein Arzt, zwei Ordinationsassistentinnen und der Busfahrer. Dieser Tage wurde ein solcher „Gesundheitsbus“nun erstmals in Österreich präsentiert.
Gleich nach dem Einstieg bei der vorderen Tür ist der Wartebereich mit einem Platz für einen Ordi-Assistenten, ein erster Behandlungsraum (etwa zur Blutabnahme) mit einer Liege folgt. Im Labor des Busses können wichtige Blutwerte bestimmt werden, darunter der Gerinnungsstatus von Personen, die Blutverdünnungsmittel einnehmen müssen. Auch ein Lungenfunktionsmessgerät und ein Ultraschall sind verfügbar. Medikamente und Blutproben werden in mehreren Kühlgeräten gelagert. Für Impfstoffe gibt es ein Gefriergerät mit einem Temperaturbereich bis minus 40 Grad. Am Ende des Busses befindet sich das Arztzimmer, ebenfalls mit Liegemöglichkeit.
Modellprojekt
16 Solarpaneele am Dach machen den Bus für mehrere Stunden energieautark, sollte das nicht reichen und kein Stromanschluss möglich sein, schaltet sich ein Dieselaggregat zu.
„Wir haben im ländlichen Bereich einen Ärztemangel und große Versorgungsprobleme“, sagt Alexander Kowalski von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. „Deshalb haben wir 2018 den Medibus zunächst als zweijähriges Modellprojekt gestartet. Weil es so gut funktioniert hat, wurde das Projekt mit Unterstützung des hessischen
Sozialministeriums um drei Jahre verlängert.“Angefahren werden Orte, in denen es gar keinen Arzt mehr gibt – je einer am Vormittag und am Nachmittag: „Gerade für sehr alte Menschen sind Telemedizin und auch Fahrten von 25, 30 Kilometern zum nächsten
Arzt keine Alternative.“Der Bus sei kein Ersatz für den Hausarzt, sondern bei Versorgungsengpässen nur eine Ergänzung.
Die Deutschen Bahn (DB Regio) stellt den Bus, die IT-Infrastruktur kommt vom Technologieunternehmen Cisco. Darunter ist auch eine Videokonferenz-Anlage mit der Dolmetsch-Software der Wiener Firma Savd: „Damit kann innerhalb von 15 Sekunden ein zertifizierter Dolmetscher für eine von 27 Sprachen zugeschaltet werden“, sagt Peter Schuller von Cisco. „Auch Fachärzte können per Video konsultiert werden.“
„In Deutschland sind bereits mehrere dieser Busse unterwegs, wir wollen dieses Konzept jetzt auch nach Österreich bringen“, sagt Schuller: Gerade in ländlichen Regionen würden immer mehr Kassenärzte fehlen. „Wir führen auch schon Gespräche mit möglichen Partnern.“Bei der Österreichischen Gesundheitskasse
(ÖGK) sieht man derzeit „keine solchen eklatanten Versorgungsengpässe“, die einen derartigen Bus notwendig machen, sagt Sprecherin Marie-Theres Egyed: „Eine mobile Lösung käme nur infrage, wenn es sonst nicht mehr gelingt, die Versorgungslücken zu schließen.“Im Fachbereich Allgemeinmedizin seien am Land