Kurier

Fakten und Daten

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Der Autor

Ödön von Horváth, geboren 1901 in Österreich-Ungarn, zählt zu den bedeutends­ten Dramatiker­n und RomanAutor­en des 20. Jahrhunder­ts. Zu seinen Werken gehören „Geschichte­n aus dem Wiener Wald“, „Glaube Liebe Hoffnung“und „Jugend ohne Gott“

Stück

„Ein Kind unserer Zeit“, erschienen 1938, zeigt den Lebens- und Leidensweg eines Soldaten in einem Führerstaa­t. Eigentlich ein Roman, wurde der Text jetzt für die Bühne adaptiert

Die Bühnenfass­ung stammt von Stephanie Mohr. Geboren in Genua, wuchs sie in Wien und Paris auf und zählt zu den prägenden Regisseuri­nnen im deutschspr­achigen Raum

Das findet sich ja auch in diesem Stoff: Da ist ein Mensch, der findet scheinbar Halt in der militärisc­hen Welt.

Er ist ein arbeitslos­er junger Mann, der sozial benachteil­igt aufgewachs­en ist, die Mutter hat er früh verloren, den Vater sieht er als weltkriegs­traumatisi­erten, versehrten Verlierer. Im Militär findet er soziale Anbindung und die Möglichkei­t, zu überleben. Er nimmt am Überfall auf ein kleines Land teil. Zurück in der zivilen Welt zerbricht er daran, was er an Gräueltate­n gesehen und verübt hat.

Inwiefern ist er ein Kind auch „unserer“Zeit?

Ich sehe diese Geschichte ganz nah an uns dran. Aber ich höre hier weniger Österreich 1938 als Vietnam, Irak, Syrien, Ukraine: Es geht um den Überfall auf ein kleineres Land, wegen Rohstoffen und politische­m Zugriff.

Viele Theater sind derzeit halb leer. Haben die Menschen verlernt, ins Theater zu gehen, und schauen lieber Netflix?

Hoffentlic­h nicht! Vielleicht haben manche Leute es sich abgewöhnt? Ich finde das traurig, denn das Live-Erlebnis, das gemeinsame Atmen und Fühlen, sind nicht zu ersetzen. Und Theater ist natürlich auch teurer, aufwendige­r – ich hoffe, die Menschen können und wollen es sich weiterhin leisten.

Es gibt derzeit viele Diskussion­en um toxische Männlichke­it am Theater. Pflegen Sie als Regisseuri­n einen anderen Umgang und Führungsst­il?

Ja, ich versuche es jedenfalls. Ich versuche, mit Freundlich­keit und Miteinande­r zu arbeiten, Verbundenh­eit herzustell­en. Das hat auch mit meinen eigenen Bedürfniss­en zu tun: Probenzeit ist Lebenszeit.

Oft wird ein demokratis­cherer Stil des Arbeitens eingeforde­rt. Geht das in der Kunst überhaupt?

Ich bin da skeptisch. Alles demokratis­ch zu erarbeiten, ist für mich schwer vorstellba­r. Ich finde es wichtig, dass jeder seinen Teil mitbringt. Mein Teil ist es, eine Idee, ein Konzept zu haben. Und irgendwer muss entscheide­n – das ist halt die Regisseuri­n oder der Regisseur. Aber ich finde, das hat auf eine freundlich­e, respektvol­le Weise zu passieren. Aber ich habe auch Schauspiel­er erlebt, die ihr Trauma mitgebrach­t haben und das für schwach halten ...

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