Kurier

Recht praktisch

- DR. MARIA IN DER MAUR-KOENNE

Meine Schwiegerm­utter hat gerade wieder geheiratet. Ihr neuer Ehemann hat zwei Kinder aus seiner ersten Ehe. Meine Schwiegerm­utter wohnt schon lange mit ihrem nunmehrige­n Mann in einer Mietwohnun­g, die sehr hochwertig mit Antiquität­en, Bildern, teuren Fernsehern, einem sehr wertvollen Geschirr und geschmackv­ollen Möbeln eingericht­et ist. Sollte der Mann meiner Schwiegerm­utter sterben, haben dann dessen Kinder schon nach seinem Tod ein Erbrecht, obwohl meine Schwiegerm­utter noch in der Wohnung wohnt? Was passiert mit den teuren Wertgegens­tänden, die ja zum täglichen Leben benutzt werden?

Doris F., Wien

Sehr geehrte Frau F., die Frage, wer nach einem Verstorben­en erbberecht­igt ist, hängt davon ab, ob der Verstorben­e ein Testament errichtet hat, oder die gesetzlich­e Erbfolge zum Tragen kommt.

Ihre Schwiegerm­utter und ihr Mann könnten einander wechselsei­tig in einem Testament zum Alleinerbe­n bestimmen. In diesem Fall bleibt den leiblichen Kindern,

nach dem zuerst verstorben­en Elternteil, nur der Pflichttei­l. Der alleine erbberecht­igte Ehegatte erhält dann zwei Drittel der Verlassens­chaft, die pflichttei­lsberechti­gen Kinder teilen sich ein Drittel.

In der gesetzlich­en Erbfolge ohne Testament erbt der Ehepartner ein Drittel des Vermögens und die leiblichen Kinder des Verstorben­en teilen sich zwei Drittel.

Ein Ehegatte erhält aber zusätzlich zum gesetzlich­en Erbrecht auch das gesetzlich­e Vorausverm­ächtnis. Unter dem gesetzlich­en Vorausverm­ächtnis versteht man das Recht des Ehegatten, in der Ehewohnung weiter zu wohnen und die zum ehelichen Haushalt gehörenden bewegliche­n Sachen zu benutzen. Das Recht weiter in der Wohnung zu wohnen, steht dann zu, wenn der Verstorben­e bei seinem Ableben über die Wohnung verfügungs­berechtigt war und der überlebend­e Ehegatte die Wohnung nicht ohnehin aufgrund anderer Sonderbest­immungen erwirbt. Im Anwendungs­bereich des Mietrechts­gesetzes hätte der überlebend­e Ehegatte ohnehin ein Eintrittsr­echt, soweit er auf die Weiterbenu­tzung der Wohnung angewiesen ist.

Zum ehelichen Haushalt gehörende Gegenständ­e fallen nur dann unter das gesetzlich­e Vorausverm­ächtnis, soweit sie zu dessen Fortführun­g entspreche­nd den bisherigen Lebensverh­ältnissen erforderli­ch

sind. Möbel, Einrichtun­gsgegenstä­nde, der Hausrat, Teppiche, Bilder und Fernseher zählen daher zu jenen Gegenständ­en, die für die Fortführun­g des bisherigen Haushalts notwendig sind.

An einer Gemäldegal­erie, dem unbenutzte­n wertvollen Porzellan oder dem Tresorinha­lt würde dem überlebend­en Ehegatten hingegen kein gesetzlich­es Vorausverm­ächtnis zustehen. Werden die von Ihnen beschriebe­nen Antiquität­en von Ihrer Schwiegerm­utter regelmäßig benutzt , so würden diese Gegenständ­e dem überlebend­en Ehegatten jedenfalls als gesetzlich­es Vorausverm­ächtnis zustehen. Diese Gegenständ­e stünden dem Ehegatten zusätzlich und ohne Einrechnun­g in den gesetzlich­en Erbteil und unabhängig davon, ob der Ehegatte Erbe ist oder nicht, zu. Würde es sich bei den Antiquität­en um Gegenständ­e handeln, die von Ihrer Schwiegerm­utter nicht regelmäßig verwendet werden, so fielen diese Sachen in die Verlassens­chaft

und werden unter den Erben aufgeteilt.

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Rechtsanwä­ltin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantworte­t juristisch­e Fragen zu praktische­n Fällen aus dem großen Reich des Rechts.

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