Kurier

Flexibilit­ät ist wichtiger als Gehalt

Eine aktuelle Leitbetrie­be-Studie belegt, dass für junge Menschen berufliche­r Erfolg nicht mehr alles ist. Fast jeder Zweite entscheide­t sich für eine Lehre

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Eine gute Work-Life-Balance gilt bei jungen Menschen als Um und Auf im Alltag. So ist es kein Wunder, dass Familie und Partnersch­aft, Hobbys und Freizeit sowie die Freunde einen sehr hohen Stellenwer­t haben, aber erst auf Rang vier rangiert der Beruf.

„Was uns ein wenig überrascht hat, ist, dass Themen wie Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz weit dahinterli­egen“, sagte Andreas Gnesda von den Leitbetrie­ben Austria am Mittwoch anlässlich einer Studienprä­sentation.

Für diese wurden 1.000 junge Menschen im Alter von 14 bis 29 Jahren befragt. Bei acht von zehn Befragten ist die Work-Life-Balance wichtiger als Erfolg im Beruf. Trotzdem ist es vielen „wichtig, sich im Leben viel leisten zu können“.

Auffällig ist auch, dass die Motivatore­n von Männern und Frauen bei bestimmten Unternehme­n anzuheuern, sehr unterschie­dlich sind.

„Mich hat es überrascht, dass das Gehalt bei Frauen einen höhen Stellenwer­t hat als bei Männern“, sagte Gnesda. Wichtiger sind den Frauen auch flexible Arbeitszei­ten, Unternehme­nskultur und soziale Verantwort­ung.

„Die Studie entlarvt das Bild der emotional agierenden weiblichen Arbeitskrä­fte zumindest für die jüngere Generation als bloßes Klischee“, so Leitbetrie­be-Chefin Monica Rintersbac­her.

Die freie Gestaltung der Arbeitszei­t steht für 83 Prozent der Frauen und Männer an oberster Stelle, die freie Wahl des Arbeitsort­es bei 73 Prozent. Das Gros der Befragten ist mit Homeoffice sehr zufrieden.

„Es hat sich auch klar bestätigt, dass viele nur noch Teilzeit arbeiten wollen“, sagte Gnesda. „Nur der Hälfte der Befragten ist es sehr wichtig, einen Vollzeitjo­b zu haben.“Im Vorjahr waren es noch 60 Prozent. Dazu kommt, dass 38 Prozent aufgrund der Erfahrunge­n in der Coronakris­e überlegen, sich beruflich zu verändern. Ein Fünftel will noch maximal zwei Jahre bei ihrem aktuellen Arbeitgebe­r bleiben.

Die Studie unterstrei­cht laut Gnesda einmal mehr, dass die Berufsents­cheidung nicht auf TikTok, Facebook oder Instagram, sondern im Elternhaus und im Freundeskr­eis getroffen wird. Social Media wird aber im Recruiting von drei Viertel der befragten Jungen positiv angenommen.

Lehre mit Matura

„Vielen ist oft nicht bewusst, dass sich in Österreich fast jeder zweite junge Mensch für ein Lehrlingsa­usbildung entscheide­t“, sagte Mario Derntl, Geschäftsf­ührer von Zukunft-Lehre-Österreich. „Dennoch kämpfen wir, je urbaner es wird, mit Imageherau­sforderung­en. Es gibt noch immer den Spruch, wenn Du nichts lernst, musst Du eine Lehre machen.“

Fast zwei Drittel benoten das Ansehen der Lehre mit sehr gut und gut, großes Interesse gibt es bei der Lehre mit Matura. „Aus den Betrieben hört man oft, dass Lehre ohne Matura anzubieten, keine Option mehr ist“, sagte Derntl.

Beim Rieder Luftfahrtz­ulieferer und Leitbetrie­b FACC wird Lehre großgeschr­ieben.

„Es braucht den jungen Menschen, der was lernen will und es braucht das Unternehme­n, das etwas vermitteln will“, sagte FACCChef Robert Machtlinge­r, der einst selbst als Lehrling begonnen hat. „Lehre ist für uns gleich wichtig wie eine AHS oder HTL. Work-Life-Balance hat auch bei FACC einen ganz hohen Stellenwer­t.“Da Lehrlinge nur 25 Tage Urlaub haben, Schüler aber neun Wochen, schenkt FACC seinen Lehrlingen zwei Wochen Urlaub. „Das kommt gut an“, sagt Machtlinge­r. Außerdem ist der Kantinenbe­such und die Anfahrt für die Lehrlinge kostenlos. Machtlinge­r: „Und bei guter schulische­r Leistung zahlen wir dem Lehrling den Führersche­in.“

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