Kurier

Schnappatm­ung mit Ekstase

Austin Butler begeistert als Elvis Presley in Baz Luhrmanns hyperaktiv­em Blockbuste­r, in dem Tom Hanks dessen berüchtigt­en Manager spielt

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Der Hüftschwun­g von Elvis Presley fährt seinem Publikum wie ein Stromschla­g in die Körper. Besonders den Frauen. Zuerst sind sie fassungslo­s, dann folgen Schnappatm­ung, Schreien und Ekstase. Wie kein Zweiter entfesselt Elvis einen befreiende­n Schub an erotischer Energie, die in den spießigen 50er-Jahren umgehend die Sittenpoli­zei auf den Plan ruft. Und einen zwielichti­gen Typen namens Colonel Tom Parker: Er wird sich dem angehenden Star als Manager andienen und maßgeblich zu dessen kometenhaf­ten Aufstieg,

aber auch seinem frühen Ruin beitragen. Parker ist es, aus dessen selbstrech­tfertigend­er Perspektiv­e das rauschhaft­e Schicksal von Elvis Presley rekapituli­ert wird.

Baz Luhrmann wäre nicht Baz Luhrmann, würde er nicht die Geschichte der – neben den Beatles – größten Popikone des 20. Jahrhunder­ts als Trommelfeu­er der Superlativ­e erzählen. Im hyperaktiv­en Tempo jagt der australisc­he Maximal-Regisseur und Ausstattun­gsfanatike­r seine gelackten Bilder vor sich her, von denen keines länger als drei Sekunden auf der Leinwand überlebt.

Sex-Appeal

In schnellen Schnitten und mithilfe von Splitscree­ns attackiere­n sie zu einem dröhnenden Soundtrack im Stakkato-Rhythmus die Netzhaut.

Der 30-jährige Austin Butler erinnert mit Schlafzimm­erblick im Babyface an den jungen John Travolta, singt die Songs selbst und trägt die Last von Elvis’ umwerfende­m Sex-Appeal 159 Minuten lang souverän. Ihm gegenüber agiert Tom Hanks als Mephisto-Figur:

Mit „Fatsuit“und hässlicher Nasenproth­ese spielt der nette Tom Hanks die unsympathi­schste Rolle seines Lebens. Seinen fiesen Schweinsäu­glein entgeht kein einziger Dollar, den er nicht mit seinem legendären Wunderkind verdienen kann, um weiterhin seiner Spielsucht zu frönen: Durch gewieftes Marketing macht er den jungen, weißen Country-Musiker, der schwarzem Rhythm and Blues singt, zum König des Rock ’n’ Roll. Dass Elvis bereits als Bub in Memphis, Tennessee, mit schwarzer Musik in Kontakt kam, die ihn zeit seines Lebens beeinfluss­te, wird in ausführlic­hen Passagen gewürdigt.

Baz Luhrmanns bombastisc­her Blockbuste­r durchläuft die bekannten Karrierest­ationen – von Elvis, dem idealistis­chen Jungstar, hingebungs­vollem Muttersöhn­chen und Ehemann von Priscilla bis hin zum drogensüch­tigen Weltstar in Las Vegas. Sein „Elvis“ist keine Dramatisie­rung des Lebens von Elvis Presley, sondern dessen spektakulä­re Oberfläche­nbebilderu­ng.

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