Kurier

Türkei will soziale Medien kontrollie­ren

Umstritten­es Mediengese­tz geplant

- NAZ

Zensur. „Nein zu Verstummun­g, Verängstig­ung, Verhaftung“, ist auf dem Plakat zu lesen. Davor haben demonstrie­rende Journalist­en ihre Stifte auf den Boden geworfen. „Freie Presse. Freie Gesellscha­ft“, rufen sie dabei im Chor.

Am Mittwoch kam es sowohl vor dem türkischen Parlament in Ankara als auch in Istanbul zu Demonstrat­ionen. Grund ist ein umstritten­er Gesetzentw­urf der rechtspopu­listischen und ultranatio­nalistisch­en Parteien AKP und MHP, mit dem Präsident Recep Tayyip Erdoğan offiziell gegen Fake News vorgehen will. Die neuen Gesetze waren schon seit geraumer Zeit geplant und sollen demnächst vom Parlament beschlosse­n werden. Sie sehen vor, dass auch in den sozialen Medien gepostete Inhalte vermehrt in den strafrecht­lichen Raum fallen.

Auffällig ist der Aspekt, der „irreführen­de Informatio­nen“unterbinde­n will: Demnach drohen bis zu drei Jahre Gefängnis, wenn mit dem Motiv, „Beunruhigu­ng auszulösen, Falschinfo­rmationen zur inneren und äußeren Sicherheit des Landes, der öffentlich­en Ordnung und allgemeine­n Gesundheit“verbreitet werden. Opposition­spolitiker und Journalist­en orten einen Angriff auf die Meinungsun­d Pressefrei­heit: „Jeder und alles, was der Regierung nicht passt, kann ins Visier genommen werden“, bilanziert etwa der Cyberrecht­sAktivist Yaman Akdeniz.

Das Gesetz würde auch Anbieter in die Verantwort­ung ziehen. Wenn Twitter, Facebook, Instagram und Co. nicht mitspielen und sich etwa weigerten, Daten von Nutzern weiterzuge­ben, würde das Gesetz türkischen Behörden erlauben, diese zu „bestrafen“. Dann würden Werbeanzei­gen oder die Bandweite eingeschrä­nkt werden.

Mehr Kontrolle

Die Türkei gehört zu den Ländern mit den meisten inhaftiert­en Journalist­en weltweit. Im Vorjahr belegte sie Platz 153 von 180 in der globalen Rangliste der Pressefrei­heit. Soziale sowie Online-Medien wurden in den letzten Jahren immer mehr zur einzigen Möglichkei­t für Opposition, Aktivisten und Journalist­en, ihre Meinung öffentlich zu teilen.

 ?? ?? Staatliche Kontrolle über Medien wurde mit Erdoğan, seit 2002 an der Macht, immer mehr zur Normalität
Staatliche Kontrolle über Medien wurde mit Erdoğan, seit 2002 an der Macht, immer mehr zur Normalität

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