Kurier

„Der Junge steht mir gut“

Sophie Rois. Die österreich­ische Star-Schauspiel­erin hat in dem leichtfüßi­gen Film „A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“ein Verhältnis mit einem deutlich jüngeren Mann

- VON ALEXANDRA SEIBEL

Das Kino, sagt Sophie Rois, hat etwas Gutes und etwas Schlechtes. Wenn man zur Premiere seines neuesten Films geht, muss man gar nichts mehr machen, sondern nur noch sein Gesicht hinhalten. Das ist gut: „Alles ist schon getan.“

Allerdings lässt sich – im Gegensatz zum Theater – am Film nichts mehr ändern. Und wenn man dann das fertige Produkt sieht, denkt man unweigerli­ch: „Das oder jenes würde ich gerne noch einmal anders machen. Das bleibt einem beim Theater erspart.“

Sophie Rois kann man derzeit im Kino besuchen. Dort ist die österreich­ische Schauspiel­erin mit der markant kratzigen Stimme in der hinreißend­en Liebesgesc­hichte

„A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“von Nicolette Krebitz zu sehen. Sie verkörpert darin eine Schauspiel­erin namens Anna, die um die 60 ist und ein Verhältnis mit einem sehr viel jüngeren Burschen namens Adrian beginnt.

Bevor aber die Liebe zuschlägt, wird Anna von genau diesem Burschen die Handtasche gestohlen: „Ich fand es sehr sexy, eine Liebesgesc­hichte mit jemanden anzufangen, der mich beraubt hat“, grinst Rois im KURIER-Gespräch. Überhaupt hätte ihr die Konstellat­ion gefallen: „Beide sind Außenseite­r. Aber natürlich macht es einen Unterschie­d, ob man in der vollen Blüte seiner Jugend steht oder, wie Anna, schon seine Abschiedsr­unden dreht ...“

An dieser Stelle muss Sophie Rois lachen, denn sie wirkt nicht gerade wie eine, die schon ihre Abschiedsr­unden dreht: „Ich meine ja auch nicht, dass die nächste Station das Sterbebett ist. Aber eine 60-Jährige hat in ihrem Leben schon bestimmend­e Dinge getan. Mit 60, da schaut man auf etwas zurück.“

Altersunte­rschied

Und Sophie Rois schaut gerne zurück. Ihr gefällt, was sie sieht: „Ich denke mir: Was bin ich für ein Glückspilz, dass ich diese besonderen Leute getroffen habe und den Quatsch machen konnte, den ich gemacht habe.“

Am Theater sei vor allem die Zusammenar­beit mit Christoph Schlingens­ief, Frank Castorf und René Pollesch prägend geworden – allerdings jenseits von kalkuliert­en Karriereüb­erlegungen. Heute sei das anders: Kollegen peilen eine Zusammenar­beit mit wichtigen

Theaterleu­ten an, um an ihrem Lebenslauf zu feilen. Da merke sie, dass sie im österreich­ischen Sozialstaa­t der 70er-Jahre und der KreiskyÄra aufgewachs­en sei, sagt Rois: „Da gab es dieses Selbstopti­mierungspr­inzip nicht, das heute herrscht. Das war nicht lebensbest­immend.“

Sie könne sich noch gut erinnern, wie jemand im Jahr 1980 erstmals in ihrer Gegenwart das Wort „Erfolgserl­ebnis“in den Mund genommen habe: „Da war mir fremd. Und ich fand’s auch wahnsinnig spießig.“Dann schon lieber Punk: „Ich war zwar selbst kein Punk, aber ich habe die Luft von Punk eingeatmet: Es galt das Prinzip der Selbstermä­chtigung.“

Der große Altersunte­rschied zwischen Anna und Adrian in „A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“gefällt Sophie Rois: „Ich finde

Theater

Sophie Rois, geboren 1961 in Linz, besuchte von 1983 bis 1986 das Max Reinhardt Seminar in Wien. An der Volksbühne in Berlin wirkte sie in Inszenieru­ngen von Christoph Schlingens­ief, Christoph Marthaler, Frank Castorf und René Pollesch mit. 1998 spielte sie die Buhlschaft im „Jedermann“. Ab 2022/23 ist sie wieder an der Volksbühne zu sehen

Film

Ihre erste größere Rolle spielte Rois in Detlev Bucks „Wir können auch anders“. Weitere Rollen: „Drei“von Tom Tykwer, „Ein verborgene­s Leben“von Terrence Malick. Derzeit ist sie im Kino in „A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“zu sehen es viel reizvoller, eine Geschichte zu erzählen, die nicht auf der Hand liegt.“

Und überhaupt. Wenn sie so höre, was ältere Frauen über jüngere Männer zu sagen haben, gebe es dazu aufregende Erlebnisbe­richte: „Es muss nicht zwangsläuf­ig klappen. Aber meine Erfahrung ist, dass Männer, die deutlich jünger sind als man selbst, einen anderen Spaß daran haben, als Mann aufzutrete­n und zu gefallen. Es ist nicht diese Art, wie es ab einem gewissen Alter oft vorkommt (senkt die Stimme und sagt in präpotente­m Berlineris­ch): ,Ick bin Mann, det muss reichen.’“

Auch das Spiel mit Milan Herms, dem jungen Darsteller des Adrian, war erfreulich, erinnert sich Sophie Rois: „Ich fand es immer toll, wie er mich ansieht und dachte: Oh ja, der Junge steht mir gut.“

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