„Gerichts-Show“auf dem Judenplatz: Die Republik auf der Anklagebank
Das Kollektiv Hybrid thematisiert bis 25. Juni die Asylpolitik
Kritik. Die Republik Österreich muss sich wegen ihrer Asylpolitik vor Gericht verantworten. Das ist auf den Judenplatz im Ersten Wiener Bezirk verlegt. Die Richterinnen sind vor Rachel Whitereads Memorial für die Opfer der Shoah platziert, ihnen gegenüber Kläger und Beklagte, zu beiden Seiten das Publikum. Verhandelt werden reale, anonymisierte Fälle. Bei gutem Wetter ein logisches Setting.
Die Stimmen aus den umliegenden Schanigärten liefern leider einen ständigen Begleitsound. Dennoch kann sich das Geschehen behaupten. Denn Regisseur Alireza Daryanavard, einst selbst
Schutzsuchender in Österreich, setzt mit dem Theaterkollektiv Hybrid und dem Werk-X Petersplatz seine auf fünf Abende angelegte Unternehmung nach dem Vorbild von US-Gerichtsthriller um.
Am Ende wird das Urteil verkündet. Der KURIER war an Tag zwei dabei, als Familienzusammenführung, die Umsiedlung von Schutzbedürftigen in einen Drittstaat und Push-Backs an Österreichs Grenzen verhandelt wurden. Das war beklemmend und informativ.
Ausführlich wurde von einem 14-jährigen Somalier berichtet, der es nach Österreich geschafft hat. Doch Bürokratie und ein sich über die
Jahre ziehendes Verfahren verhinderten, dass seine Familie nachkommen konnte.
Gespielt wird von Profis – und Laien, die im wirklichen Leben mit der verhandelten Materie zu tun haben. Diese Grenze zwischen Realität und Schauspiel ist eine Gratwanderung und sorgt zuweilen für Längen. Etwa durch überlange Ton- und Videoeinspielungen. Zu Wort kamen auch die Vertreterin einer kleinen NGO und eines Vertreters von „SOS Balkanroute“, die den Grenzschützern brutales Vorgehen vorwarfen. Das Publikum folgte gespannt. Bis 25.6., 19.30, Eintritt frei.