Nach 123 Jahren: Rapid öffnet sich für ein Frauen-Team
Am Montag steht eine historische Hauptversammlung an. Die Rapidler beenden das lange Zaudern in der Frage Frauenfußball
Es fehlen nur noch zwei. Alle großen Fußballvereine haben mittlerweile ein FrauenTeam gegründet oder kooperieren mit einem Klub, der in diesem seit Jahren wachsenden Bereich Erfahrung hat.
Nur beim Serienmeister und beim Rekordmeister ist der Kick noch rein männlich: bei Red Bull Salzburg und bei Rapid. ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann sagt vor Beginn der EM mit Österreich im ausverkauften Old Trafford gegen England im KURIER-Podcast: „Es ist klar, dass es eine unglaubliche Signalwirkung hätte, wenn jetzt Rapid oder aber auch Salzburg auf diesen Zug aufspringt. Wenn man auf die Budgets dieser beiden Vereine schaut: Es wäre ja nicht viel notwendig, um einen professionellen Frauenbetrieb zu starten, aufrechtzuerhalten und um relativ schnell erfolgreich zu sein.“
Bei Salzburg liegt es an Dietrich Mateschitz. Dass der Red-Bull-Boss nichts Grundsätzliches gegen Frauenfußball haben kann, zeigt Leipzigs weibliches RB-Team.
In Hütteldorf liegt es an den Mitgliedern: Die BlockWest-Abonnentin Clara Gallistl hat einen Antrag für die Hauptversammlung am Montagabend eingebracht, über den abgestimmt wird: Soll der SK Rapid ein Frauen-Team gründen und verpflichtet werden, innerhalb eines Jahres ein tragfähiges Konzept dafür zu entwickeln? Eine Mehrheit für den Antrag der Obfrau des Fanklubs „Vorwärts Rapid“ist bei einem Mitgliederverein wie den Grünen bindend. Bevor abgestimmt wird, kommt es laut KURIER-Recherchen zu einem historischen Ereignis: Erstmals in 123 Jahren Vereinsgeschichte gibt es von Offiziellen eindeutige Statements und klare Pläne zum und für den Frauenfußball.
Wie hält es Rapid mit den Frauen – das wird schon lange diskutiert. Zuerst stand im Vordergrund, für den Nachwuchs ausreichend Trainingsplätze stellen zu können. Dann kam der Bau des Trainingszentrums, aber auch Corona. Das Thema Frauen am Ball wurde abseits der Öffentlichkeit in einer eigenen Rapid-Arbeitsgruppe erforscht.
Kostenfrage
Das Ergebnis: Es sollte nicht damit gerechnet werden, dass eine Frauen-Sektion sofort kostenneutral organisiert werden kann. Ob zusätzliche Sponsoren lukriert werden könnten, wäre fraglich. Als Kosten wurden 500.000 bis 700.000 Euro pro Jahr formuliert. Allerdings:
Serienmeister SKN St. Pölten findet mit 600.000 das Auslangen, bei den Verfolgern Sturm und Austria wird jährlich circa die Hälfte für die Frauen budgetiert.
Wie sehr Rapid ziehen würde, zeigt das Beispiel Neulengbach: Der FrauenRekordmeister hat sich laut KURIER-Recherchen erkundigt, ob für die Wiener eine Kooperation mit dem LigaFünften
denkbar wäre. Clara Gallistl würde es hingegen sympathischer finden, bei den Frauen ganz klein und ganz unten anzufangen: „So wie die Vienna, die Schritt für Schritt nach oben gekommen ist.“Im Fan-Podcast 1899 fm sagte die Kulturmanagerin: „Fußball ist kein Männersport, auch Frauen wollen für Rapid kicken. Wir haben rund 30
Prozent weibliches Publikum, wir haben eine Verantwortung.“Als direkte Folge unterzeichneten Dutzende Mitglieder Gallistls Antrag.
„Fußball ist kein Männersport, auch Frauen wollen für Rapid kicken. Wir haben eine Verantwortung“
Viele Interessen
In der Politik ist die Tendenz klar: Sportstadtrat Hacker (SPÖ) sagte bereits 2021 zum KURIER, dass er sich nach der städtischen Hilfe beim Trainingszentrum auch bald die Gründung eines Rapid-Frauenteams erwarten würde. Ähnlich läuft es im Big Business: Großsponsoren bestätigen den Wienern, dass die Werbewerte passen – aber noch besser wären sie, wenn die Firmenlogos auch auf Rapidlerinnen zu sehen wären.
Das alles zusammen – die Initiative der Mitglieder, der Druck aus Politik und Wirtschaft, aber auch die viele Vorarbeit im Verein – hat die Führung dazu veranlasst, Klartext zu reden: Der SK Rapid wird sich am Abend des 27. Juni 2022 dem Frauenfußball öffnen.