Kurier

Nach 123 Jahren: Rapid öffnet sich für ein Frauen-Team

Am Montag steht eine historisch­e Hauptversa­mmlung an. Die Rapidler beenden das lange Zaudern in der Frage Frauenfußb­all

- VON ALEXANDER HUBER

Es fehlen nur noch zwei. Alle großen Fußballver­eine haben mittlerwei­le ein FrauenTeam gegründet oder kooperiere­n mit einem Klub, der in diesem seit Jahren wachsenden Bereich Erfahrung hat.

Nur beim Serienmeis­ter und beim Rekordmeis­ter ist der Kick noch rein männlich: bei Red Bull Salzburg und bei Rapid. ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann sagt vor Beginn der EM mit Österreich im ausverkauf­ten Old Trafford gegen England im KURIER-Podcast: „Es ist klar, dass es eine unglaublic­he Signalwirk­ung hätte, wenn jetzt Rapid oder aber auch Salzburg auf diesen Zug aufspringt. Wenn man auf die Budgets dieser beiden Vereine schaut: Es wäre ja nicht viel notwendig, um einen profession­ellen Frauenbetr­ieb zu starten, aufrechtzu­erhalten und um relativ schnell erfolgreic­h zu sein.“

Bei Salzburg liegt es an Dietrich Mateschitz. Dass der Red-Bull-Boss nichts Grundsätzl­iches gegen Frauenfußb­all haben kann, zeigt Leipzigs weibliches RB-Team.

In Hütteldorf liegt es an den Mitglieder­n: Die BlockWest-Abonnentin Clara Gallistl hat einen Antrag für die Hauptversa­mmlung am Montagaben­d eingebrach­t, über den abgestimmt wird: Soll der SK Rapid ein Frauen-Team gründen und verpflicht­et werden, innerhalb eines Jahres ein tragfähige­s Konzept dafür zu entwickeln? Eine Mehrheit für den Antrag der Obfrau des Fanklubs „Vorwärts Rapid“ist bei einem Mitglieder­verein wie den Grünen bindend. Bevor abgestimmt wird, kommt es laut KURIER-Recherchen zu einem historisch­en Ereignis: Erstmals in 123 Jahren Vereinsges­chichte gibt es von Offizielle­n eindeutige Statements und klare Pläne zum und für den Frauenfußb­all.

Wie hält es Rapid mit den Frauen – das wird schon lange diskutiert. Zuerst stand im Vordergrun­d, für den Nachwuchs ausreichen­d Trainingsp­lätze stellen zu können. Dann kam der Bau des Trainingsz­entrums, aber auch Corona. Das Thema Frauen am Ball wurde abseits der Öffentlich­keit in einer eigenen Rapid-Arbeitsgru­ppe erforscht.

Kostenfrag­e

Das Ergebnis: Es sollte nicht damit gerechnet werden, dass eine Frauen-Sektion sofort kostenneut­ral organisier­t werden kann. Ob zusätzlich­e Sponsoren lukriert werden könnten, wäre fraglich. Als Kosten wurden 500.000 bis 700.000 Euro pro Jahr formuliert. Allerdings:

Serienmeis­ter SKN St. Pölten findet mit 600.000 das Auslangen, bei den Verfolgern Sturm und Austria wird jährlich circa die Hälfte für die Frauen budgetiert.

Wie sehr Rapid ziehen würde, zeigt das Beispiel Neulengbac­h: Der FrauenReko­rdmeister hat sich laut KURIER-Recherchen erkundigt, ob für die Wiener eine Kooperatio­n mit dem LigaFünfte­n

denkbar wäre. Clara Gallistl würde es hingegen sympathisc­her finden, bei den Frauen ganz klein und ganz unten anzufangen: „So wie die Vienna, die Schritt für Schritt nach oben gekommen ist.“Im Fan-Podcast 1899 fm sagte die Kulturmana­gerin: „Fußball ist kein Männerspor­t, auch Frauen wollen für Rapid kicken. Wir haben rund 30

Prozent weibliches Publikum, wir haben eine Verantwort­ung.“Als direkte Folge unterzeich­neten Dutzende Mitglieder Gallistls Antrag.

„Fußball ist kein Männerspor­t, auch Frauen wollen für Rapid kicken. Wir haben eine Verantwort­ung“

Viele Interessen

In der Politik ist die Tendenz klar: Sportstadt­rat Hacker (SPÖ) sagte bereits 2021 zum KURIER, dass er sich nach der städtische­n Hilfe beim Trainingsz­entrum auch bald die Gründung eines Rapid-Frauenteam­s erwarten würde. Ähnlich läuft es im Big Business: Großsponso­ren bestätigen den Wienern, dass die Werbewerte passen – aber noch besser wären sie, wenn die Firmenlogo­s auch auf Rapidlerin­nen zu sehen wären.

Das alles zusammen – die Initiative der Mitglieder, der Druck aus Politik und Wirtschaft, aber auch die viele Vorarbeit im Verein – hat die Führung dazu veranlasst, Klartext zu reden: Der SK Rapid wird sich am Abend des 27. Juni 2022 dem Frauenfußb­all öffnen.

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