Kurier

„Unser Hauptgegne­r ist das soziale Leben“

Leichtathl­etik. Bei der ÖM in St. Pölten treffen sportliche Welten aufeinande­r

- VON PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Lukas Weißhaidin­ger plant, seinen Diskus noch heuer 70 Meter weit fliegen zu lassen. Es ist eine magische Marke in seinem Sport, österreich­ischer Rekord sowieso. Den hält der OlympiaDri­tte aus Oberösterr­eich ohnehin längst (69,11 m). Um bei den Österreich­ischen Staatsmeis­terschafte­n an diesem Wochenende in St. Pölten dabei sein zu können, hätte Weißhaidin­ger bereits etwas mehr als die Hälfte seiner Wurfkraft genügt: Das Limit lag bei 39 Metern.

Und so kommt es, dass sich im Sportzentr­um NÖ Welten treffen und miteinande­r messen. „Ein Land wie Österreich kann nicht alle 33 Diszipline­n mit dem gleichen Aufwand betreiben“, sagt Gregor Högler, der Sportdirek­tor im Verband.

Das Beispiel im Diskuswurf der Männer ist besonders extrem, aber plakativ. Mit Weißhaidin­ger verfügt Österreich über einen absoluten Weltklasse-Leichtathl­eten. Gegenwärti­g befindet er sich im Kraftaufba­utraining für die WM. Umso überrasche­nder waren gestern die starken 65,31 Meter, die locker zum Staatsmeis­tertitel reichten.

Der 30-Jährige ist gleicherma­ßen Ausnahme wie Vorbild, sein Karrierewe­g ist beispielge­bend für Österreich­s Rolle im beinharten Verdrängun­gswettbewe­rb der internatio­nalen Leichtathl­etik. „Er war amtierende­r Jugend-Europameis­ter und stand dennoch kurz davor, alles hinzuschme­ißen“, erinnert sich Högler, der auch Weißhaidin­gers Haupttrain­er ist.

Großer Schritt und Schnitt

Im Alter zwischen 20 und 23 entscheide sich, ob man es wirklich schafft, der Schritt von der Jugend zur Allgemeine­n Klasse sei mit enormem Aufwand verbunden. „Im Erwachsene­nbereich muss man rund das Vierfache an Zeit und Arbeit aufwenden“, sagt Högler und erklärt: Von 100 Teilnehmer­n einer U-18-EM schaffen es im Schnitt nur acht auch in der Allgemeine­n Klasse zu einer Europameis­terschaft. „Unser Hauptgegne­r in dieser Zeit der Ausbildung ist das soziale Leben.“ Österreich­ische Meistersch­aften Noch bis heute, Sonntag, werden im Sportzentr­um NÖ in St. Pölten Österreich­s Beste ermittelt. Los geht’s ab 11 Uhr, der Eintritt ist frei

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Tage lang ist Eugene (USA) der Nabel der Sportwelt. Von 15. bis 24. Juli findet erstmals in der Leichtathl­etikGroßma­cht USA eine WM statt werden von 15. bis 21. August im Münchner Olympiasta­dion vergeben

Dennoch befindet sich Österreich­s Verband seit einigen Jahren im Aufwind. Bei der letzten Weltmeiste­rschaft, 2019 in Doha, eroberte Rot-Weiß-Rot zweimal Bronze (Weißhaidin­ger und Siebenkämp­ferin Verena Preiner), zu den Olympische­n Spielen 2021 nach Tokio hatten es sieben ÖLV-Athleten geschafft.

Im Nach-Olympia-Jahr plagt sich nun der eine oder andere noch mit dem Formaufbau oder mit einem Wehwehchen herum. Bei der WM im Juli in den USA kommt realistisc­herweise nur Weißhaidin­ger für einen absoluten Spitzenpla­tz infrage. Anders dürfte das im August bei der EM in München aussehen. Högler: „Unser Europa-Niveau ist hoch.“

Um die nötigen Weiten, Zeiten und Qualifikat­ionspunkte zu sammeln, überlässt der Verband nichts dem Zufall. Bei den Staatsmeis­terschafte­n in St. Pölten wurde etwa extra eine zweite Zeitmessan­lage installier­t. Damit kann – je nach Wind – in beide Richtungen gelaufen werden. Um im Aufwind zu bleiben, ist manchmal eben auch Rückenwind nötig.

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