Kurier

Autoren, Angst, Apokalypse: Die Hose gestrichen voll

- THOMAS TRENKLER

Literatur. Das Setting war auch in der dritten und letzten Lese-Performanc­e bei den 46. Tagen der deutschspr­achigen Literatur in Klagenfurt reizvoll: Die Autorinnen und Autoren lasen ihre Texte im Garten auf einer kleinen Bühne mit Persertepp­ich vor entspannt knotzendem Publikum, die Jury saß im Halbrund drinnen im Studio. Mitunter zeigte ORFIII alle Beteiligte­n in kleinen Kästchen: Der Prüfling (in der grünen Natur) umzingelt von Klaus Kastberger, der im ÖFB-Leibchen Product Placement für Puma betrieb, und dem verhalten angriffslu­stigen Team (vor blauem Hintergrun­d). Einer gegen alle, war das Motto, aber nie alle gegen einen.

Und thematisch dominierte die Apokalypse. Leona Stahlmann, 1988 in Fulda geboren, eröffnete mit ihrem Text „Dieses ganze vermeidbar­e Wunder“: Das Thermomete­r zeigt 47 Grad, Leda erinnert sich an die Geburt ihres Kindes, das nun zwölf Jahre alt ist. Die zentrale Frage lautet: Was zählt der private Kummer, wenn die Welt untergeht? Zum Schluss las der jüngste Teilnehmer, der 1994 in Wien geborene Wiener Autor und Musiker Elias Hirschl, der sich als Stadtschre­iber in Dortmund für seinen mittelmäßi­g beurteilte­n Text „Staublunge“vom Ruhrpott inspiriere­n ließ: In einer kaputten Industries­tadt wird noch immer den Wirtschaft­smodellen gehuldigt, die bereits zum Zusammenbr­uch von großen Teilen der Infrastruk­tur geführt haben.

Von einem Unternehme­r erzählt auch der seit zwölf Jahren in Wien lebende Düsseldorf­er Autor Clemens Bruno Gatzmaga in „Schulze“: In der Nacht vor einer äußerst unangenehm­en Pressekonf­erenz hat sich dieser in die Hose gemacht. Jurorin Vea Kaiser empfahl Schulze den Gang zum Urologen, Kastberger war hingegen angetan: „Diese Tröpfchen bringen eine ganze Welt zum Einsturz.“

Einhellige Begeisteru­ng löste der in Hannover lebende Soziologe Juan S. Guse, Jahrgang 1989, mit einer sehr absurden, sehr unterhalts­amen Geschichte über seltsame Menschen im Taunus aus. Nicht ohne Grund wird „Im Falle des Druckabfal­ls“auf den Dramatiker Wolfram Lotz angespielt. Einzig Philipp Tingler ortete „eine gewisse Schlichthe­it der Sprache“.

Heute ab 11.35 Uhr werden nach einem neuen Modus die Preise, darunter der Bachmann-Preis (dotiert mit 25.000 Euro), unter den neun Autoren und fünf Autorinnen vergeben.

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