Kurier

Der 400-Millionen-Euro-Fall

Fünf Beschuldig­te, elf Hausdurchs­uchungen, schwere Vorwürfe – wurde die renommiert­e B&C Industrieh­olding bei der Übernahme von Schur Flexibles betrogen?

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Unternehme­nsorgane“. Die Schadenshö­he werde noch ermittelt, derzeit werde von einem zweistelli­gen Millionenb­etrag ausgegange­n.

Starker Tobak. Hat hier tatsächlic­h ein gut eingespiel­tes Team von drei Managern ein Unternehme­n ausgeplünd­ert und auf Firmenkost­en in Saus und Braus gelebt? Es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Lukas Kollmann, Anwalt des ehemaligen CEO, weist die Vorwürfe strikt zurück. Es solle von der „vorgegeben­en aggressive­n Geschäftsp­olitik abgelenkt werden und eigene Entscheidu­ngen, mit denen man nach der Übernahme nicht mehr zufrieden war, auf die ehemalige Geschäftsf­ührung bzw. ehemalige Organe abgewälzt werden“. Schur Flexibles sei im Zuge der Übernahme monatelang von rund 140 Experten durchleuch­tet worden und die Geschäftsf­ührung laufend, zuletzt mit 30. September 2021, entlastet worden.

Hat B&C zu eilig und daher zu teuer gekauft? Auch stellt sich – wieder – die Frage nach dem Wirtschaft­sprüfer, der die Bilanz testierte, in diesem Fall PwC.

„Nicht erkennbar“

„Wir haben die besten Leute für die Due Diligence eingesetzt, die wir bekommen konnten, aber das kriminelle Werk war nicht zu erkennen“, sagt Hofer. Der Verkäufer, der USFonds Lindsay Goldberg (LG), hatte allerdings Zeitdruck aufgebaut. Dafür wurde exklusiv mit B&C verhandelt.

Im ersten Quartal läuteten bei B&C die Alarmglock­en, als man erkannte, dass das tatsächlic­he Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibu­ngen) nur weniger als 40 Millionen betrug statt ausgewiese­ner 80 Millionen.

Dabei hatte alles so schön begonnen. B&C war auf der Suche nach einer weiteren Beteiligun­g. Der damalige Stiftungsv­orstand und ExChef von Palfinger, Herbert Ortner, zog Schur über persönlich­e Kontakte an Land.

Alles sah nach einem guten Deal aus. Spezialisi­ert auf die Lebensmitt­el-, Pharmaund Kosmetikin­dustrie, namhafte Großkunden, ein Selbstläuf­er. 22 Werke in halb Europa, 540 Umsatzmill­ionen. Doch das mit 680 Millionen verschulde­te Unternehme­n fuhr laut dem Ex-Management jährlich Verluste zwischen 10 und 20 Millionen ein und stand an der Grenze zur Überschuld­ung.

Der ehemalige CEO, selbst mit 1,6 Prozent beteiligt, verdiente inklusive hoher Boni und Sonderzahl­ungen prächtig, mehr als viele ATX-Vorstände. 2019 2,5 Millionen, 2020 fast drei Millionen und 2021 schließlic­h 12 Millionen, inklusive fünf Millionen Verkaufser­lös für seinen Anteil.

Im November 2021 erhielt er von B&C noch einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag. „Aber doch nicht in diesen Dimensione­n“, schäumt Hofer. „Die überborden­den Zusatzleis­tungen und Boni wurden in der Due Diligence nicht offengeleg­t, waren uns also nicht bekannt“. Offengeleg­t wurde ein Vertrag mit marktkonfo­rmen Bezügen, B&C gehe davon aus, dass es sich bei den Boni um zum großen Teil auch von LG unautorisi­erte

Zahlungen, sprich Entnahmen, des Ex-CEO und seiner Mittäter handelte.

Zwei Mietwohnun­gen vom Feinsten in London samt Personal für 250.000 Euro monatlich seien angeblich für den geplanten Börsegang gedacht und von B&C genehmigt worden. „Absurd, glauben Sie ernsthaft, es gehört zu den Usancen von B&C, so Geld zu verprassen?“, donnert Hofer.

Jetzt gehört Schur den Gläubigerb­anken und dem US-Fonds Apollo. B&C versucht, zumindest einen Teil des Schadens über zwei Garantie-Versicheru­ngen zurückzube­kommen. Hofer: „Wir kämpfen entschloss­en für die Wiedergutm­achung. Unsere Kenntnisla­ge stimmt uns zuversicht­lich“.

 ?? ?? Verpackung­sspezialis­t Schur Flexibles wuchs rasant – 2.200 Mitarbeite­r, 22 Werke in halb Europa, 540 Millionen Euro Umsatz
Verpackung­sspezialis­t Schur Flexibles wuchs rasant – 2.200 Mitarbeite­r, 22 Werke in halb Europa, 540 Millionen Euro Umsatz
 ?? ?? Wolfgang Hofer: „Kein Täter kommt ungeschore­n davon“
Wolfgang Hofer: „Kein Täter kommt ungeschore­n davon“

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