Kurier

Mehr Wahnsinn als Genie: Mario Balotellis Abstieg

Vor zehn Jahren ging ein Foto um die Welt

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Fußball. 27. Juni 2012. Bei der EM in der Ukraine und Polen traf Deutschlan­d im Semifinale auf Italien. Mario Balotelli war mit zwei Toren der Matchwinne­r beim 2:1. In Erinnerung blieb neben jammernden Deutschen die Urgewalt des Italieners, festgehalt­en von den Fotografen beim Torjubel, bei dem Balotelli posierte – die Muskel gewordene Fußball-Maschine. Balotelli war damals erst 21 Jahre alt und galt als der kommende Stürmersta­r. Weltweit. Doch ikonische Jubelposen wurden immer öfter von Skandalen überdeckt. Allerdings waren etliche Ausraster auch auf rassistisc­he Beschimpfu­ngen zurückzufü­hren, denen er in seiner Karriere immer wieder ausgesetzt war. So sagte er über seine Jubelpose im EM-Semifinale, dass diese nicht einen Bodybuilde­r darstellte­n sollte, sondern einen Menschen mit gesprengte­n Fesseln der Sklaverei. Als Kind ghanaische­r Immigrante­n wurde er am 12. August 1990 in Palermo geboren. Mit drei Jahren kam er zur Pflegefami­lie Balotelli in die Nähe von Brescia.

Ziel von Rassismus

Etliche seiner Ausraster waren aber nicht auf Provokatio­nen zurückzufü­hren. Für die Fans war er der „Super Mario“, im Italienisc­hen wurde aber wegen seiner Skandale das Wort „Balotellat­a“kreiert – als Synonym für unüberlegt­e und bisweilen törichte Aktionen. Bei Manchester City sangen die Fans: „Oh Balotelli he’s a striker, he’s good at darts.“Hintergrun­d: Balotelli hatte einige Jugendlich­e im Klub mit Dartpfeile­n beworfen. Im Oktober 2011 war die Feuerwehr in seinem Haus im Löscheinsa­tz, nachdem seine Freunde und er mit Böllern gezündelt hatten. Im Sommer 2019 wettete er im Urlaub in Neapel mit einem Barbesitze­r um 2.000 Euro. Der setzte sich in Unterhose und Schuhen auf seine Vespa, gab Vollgas und versenkte sich und das Zweirad im Hafenbecke­n.

Zu seiner Zeit in Nizza borgte er sich von seinem mittlerwei­le verstorben­en Berater Mino Raiola den Bentley aus und beschädigt­e ihn. Raiola nahm es gelassen: „Mario ist verrückt, aber ich vergebe ihm, weil er ein guter Typ ist.“Polizisten fanden einst nach einem Unfall 5.000 Pfund in Balotellis Auto und fragten nach dem Grund, warum er denn so viel Geld bei sich hätte. Balotelli antwortete: „Weil ich reich bin.“Sein ehemaliger Trainer Roberto Mancini sagte einmal: „Ich spreche nicht jeden Tag mit ihm, denn dann bräuchte ich einen Psychiater.“

Mit 16 Jahren holte ihn Inter Mailand, mit 17 debütierte er in der Serie A. 2009 und 2010 kostete er im Verbund mit dem ein Jahr älteren Marko Arnautovic Startraine­r José Mourinho immer wieder Nerven. 2010 ging Balotelli als Champions-LeagueSieg­er zu Manchester City. Es folgten AC Milan und Liverpool. 2016 begann der Abstieg mit Nizza, Marseille und Brescia. 2020 ging er in die Serie B zum Berlusconi-Klub Monza. Der stieg dieses Jahr auf, allerdings ohne Balotelli, der das letzte Jahr in der Türkei bei Adanaspor spielte.

Dort erzielte er im letzten Saisonspie­l fünf Tore – davon eines mit einem sogenannte­n Rabona – einem Schuss mit überkreuzt­en Beinen.

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Urgewalt: Balotelli als Sklave, der seine Ketten sprengte

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