Kurier

Haben die Spitalsärz­te die falschen Vertreter bekommen?

Die Standesver­treter sind uneins über die jüngste Wahl

- VON CHRISTIAN BÖHMER UND JOSEF GEBHARD

Der Vorgang war, nun ja, doch speziell: Als es vergangene Woche in der Bundeskuri­e der angestellt­en Ärzte darum ging, einen Chef zu wählen, boykottier­ten gleich vier Bundesländ­er die Abstimmung, indem sie den Raum verließen. Der Grund des Protests: Es sei keine Frau und auch kein JungärzteV­ertreter bei der Postenbese­tzung berücksich­tigt worden.

Der Boykott ist für sich genommen speziell, immerhin geht es um den höchsten Standesver­treter der heimischen Spitalsärz­te. Im konkreten Fall könnte die Sache aber ein bitteres Nachspiel mit sich bringen, in das sowohl das Gesundheit­sministeri­um als auch die Gerichte involviert werden.

Der Grund: Laut den Satzungen der Ärztekamme­r sind Bundeskuri­en nur beschlussf­ähig, wenn zumindest sechs Landesärzt­ekammern vertreten sind – und dem war nicht so. Während Niederöste­rreich, Salzburg, Kärnten und Vorarlberg eine Wiederholu­ng der Wahl fordern, sieht der wiedergewä­hlte Bundeskuri­enobmann Harald Mayer vorerst kein Problem. Seine Argumentat­ion: Die Anwesenhei­t von Länder-Vertretern sei zwar bei Beschlüsse­n, nicht aber bei Wahlen nötig. Das hätten auch das Ministeriu­m und die Kammer-Juristen bestätigt.

Umstritten­er Funktionär

Stein des Anstoßes ist Mayers Vize, der Turnusärzt­e-Vertreter Stefan Ferenci. Er ist seit Kurzem auch oberster Vertreter der Spitalsärz­te in der Wiener Ärztekamme­r. Und schon dort sorgte seine Bestellung für Kontrovers­en.

Der Grund: Der Kinder- und Jugendpsyc­hiater betreibt eine Ordination in Wien und in NÖ und kandidiert­e dennoch als Turnusärzt­e-Vertreter bei der Wiener Kammerwahl. Nur um antreten zu können, habe er sich kurzfristi­g bei einer Ärztin als Turnusarzt angemeldet, lautete der Vorwurf, der in einer Anzeige wegen Verdachts auf Wählertäus­chung mündete.

Der neue Kurien-Chef Mayer hat kein Problem damit, dass Ferenci in der Bundeskamm­er Turnusärzt­e-Vertreter wird: „Zum Stichtag war er als solcher eingetrage­n“, sagt er zum KURIER. Und zu dem Vorwurf, es gebe keine Frauen an der Spitze der Kurie: „Das ist traurig, aber wahr. Ich habe einige Frauen gebeten, dass sie sich einbringen. Keine wollte das.“Die Vertreter der protestier­enden Länder wollen nicht klein beigeben. So sagt Jörg Hutter (Salzburg) zum KURIER, man werde im Zweifel Gutachten einholen und notfalls den Rechtsweg bestreiten, sollte die Wahl nicht wiederholt werden.

Das Ministeriu­m bestätigt zwar, dass bei der Wahl keine Unregelmäß­igkeiten aufgefalle­n seien. Allfällige Beschwerde­n über die Rechtmäßig­keit derselben werde man aber „selbstvers­tändlich“prüfen.

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