Kurier

Befragunge­n zwischen Omnibussen, Entschlagu­ngen – und einem Rauswurf

Gerald Fleischman­ns Auftritt zeigte ein altes Dilemma: Wer im Visier der Justiz ist, darf sich weidlich entschlage­n

- CHRISTIAN BÖHMER

Parlament. Gerald Fleischman­n hatte viele Namen. Er galt als Chef der „Message Control“, manche nannten ihn den „obersten Spindoctor des Kanzlers“. Und am Donnerstag war der frühere Chef der „Strategisc­hen Kommunikat­ion“von Kanzler Sebastian Kurz in den ÖVP-Korruption­s-U-Ausschuss geladen.

Die Befragung verlief zäh. Gegen Fleischman­n ermittelt seit Monaten die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft. Und weil dem so ist, steht dem früheren ÖVPPresses­precher das Recht zu, sich zu entschlage­n – immerhin soll sich niemand vor dem U-Ausschuss belasten, und es gilt ja die Wahrheitsp­flicht.

Die Konsequenz: Es ging über Stunden hinweg um Formales,

nämlich, ob und bei welchen Fragen sich Fleischman­n entschlage­n darf.

Bisweilen nahm das seltsame Züge an. So wurde allein die erste Frage von SPÖFraktio­nschef Kai Jan Krainer, ob Fleischman­n als nunmehrige­r Mitarbeite­r des ÖVP-Parlaments­klubs auch Zugang zu den Akten des UAusschuss­es

hatte, eine Viertelstu­nde lang diskutiert.

Je länger die Sitzung dauerte, desto verfahrene­r wurde die Lage. Denn Fleischman­n nahm zahlreiche Gelegenhei­ten zum Anlass, um über die Zulässigke­it einer Frage oder sein Problem zu sprechen, dass er sich bei einem Irrtum möglicherw­eise eines Meineids

schuldig machen könnte. An dieser Stelle – mittlerwei­le dauerte die Befragung mehr als zwei Stunden – wurde selbst die besonnene Verfahrens­richterin Christa Edwards ungehalten: Eine Falschauss­age setze einen Vorsatz voraus. Ein „Ich kann mich nicht erinnern“reiche nicht für einen Meineid.

Eklat um Ainedter

Der eigentlich­e Eklat folgte am späteren Abend: Nachdem Fleischman­ns Vertrauens­person Klaus Ainedter, wiederholt versucht hatte, die Antworten Fleischman­ns zu beeinfluss­en (was er laut Verfahrens­ordnung nicht darf) wurde der Rechtsanwa­lt des Saales verwiesen. Ein einmaliger Vorgang.

Am Vormittag, ehe der Kurz-Vertraute Gerald Fleischman­n vorstellig geworden war, ging es um das Thema Omnibusse.

Klingt seltsam? Ist es nicht. Als erste Auskunftsp­erson war gestern Paul Unterhuber, Chef des Meinungsfo­rschungsin­stituts Demox, geladen. Und der frühere Wiener Bauernbund-Direktor versuchte Klarheit in die mehr oder weniger ominösen „Omnibusse“zu bringen.

Als Omnibus bezeichnet man Umfragen, bei denen Fragen mehrerer Kunden zusammenge­fasst werden, damit das eigentlich Teure – die Befragung im Feld – billiger wird.

In dem Zusammenha­ng wollten die Abgeordnet­en wissen, ob Demox bei Kosten und Umfragen getrickst habe. Immerhin haben ÖVP-geführte Ministerie­n Fragen wie die Sonntagsfr­age „mitgenomme­n“. Und die hat auf den ersten Blick nichts mit den Ministerie­n zu tun.

Unterhuber wies das eindringli­ch zurück: Er schließe kategorisc­h aus, dass Ministerie­n Umfragen, die für die ÖVP gedacht waren, bezahlt hätten. Auch schloss er aus, dass Umfragen von seinem Institut an Dritte weitergege­ben worden sein könnten. ÖVP-Fraktionsc­hef Andreas Hanger legte noch eins nach: Wer behaupte, die ÖVP hätte sich von ÖVP-geführten Ministerie­n Umfragen querfinanz­ieren lassen, den klage man.

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Gerald Fleischman­n über sich: „Ich bin ein Typ, der gerne Leute glücklich macht“

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