Italiens Regierung wackelt, doch hält noch
Mario Draghi. Gerüchte um Intrige des Premiers gegen seinen Vorgänger
Seit Mittwoch bestimmen Berichte über einen heftigen Streit zwischen Draghi und dem Fünf-Sterne-Präsidenten Giuseppe Conte die politische Debatte. Es heißt, Draghi habe den Parteiengründer Beppe Grillo aufgefordert, Conte – Draghis Vorgänger als Ministerpräsident – von der Spitze der Partei zu entfernen. Das bestreitet Draghi vehement.
„Ich habe nie so etwas gesagt“, unterstrich er. „Ich habe auch nie daran gedacht, mich in interne Parteiendebatten einzumischen. Ich verstehe auch nicht, warum ich in die Sache reingezogen werde.“
Die Wogen der Aufregung hat diese Stellungnahme vorerst nicht geglättet. Ein aufgebrachter Giuseppe Conte hatte sich schon vor laufende Kameras gestellt und Draghis vermeintlichen
Versuch, ihn mit Grillos Hilfe aus der Bewegung zu verjagen, als „folgenschwer“bezeichnet. Es sei unerhört, so Conte, „dass ein Premier, der noch dazu ein Technokrat ist, sich in interne Angelegenheiten einer Partei einmischt.“Draghi hingegen meinte, er habe am Mittwoch mit Conte
Giuseppe Conte Ex-Premier in Italien
in der Sache telefoniert. Conte spricht sich seit Wochen gegen Waffenlieferungen für die Ukraine und damit die Linie der Regierung und den klaren Willen Draghis aus.
Mario Draghi ist seit Anfang 2021 parteiloser Ministerpräsident einer Regierung, der alle großen Parlamentsgruppen angehören. Zuletzt hatten sich die Fünf Sterne aufgespalten, Außenminister Luigi Di Maio verließ mit Dutzenden anderen Abgeordneten die Bewegung um seinen Widersacher Conte. Dieser wird nun von anderen Parlamentariern zu einem Austritt aus der Regierung gedrängt. Draghi aber glaubt, dass sowohl die Fünf Sterne als auch die Lega bleiben werden.
Der Ministerpräsident hatte am Mittwochabend für Aufsehen gesorgt, als er den NATO-Gipfel in Madrid vorzeitig verließ. Beobachter sahen die Krise mit Conte als Grund dafür. Draghi aber behauptete, er sei in Rom unabkömmlich gewesen, um vor Ende Juni noch wichtige Dekrete etwa für die Auszahlung von EU-Geldern auf den Weg zu bringen.
Di Maio zog aus
Dass nun Ruhe ist, darauf würde in Italien derzeit niemand wetten. Nicht zuletzt, weil seit einer Woche in der Koalition vieles anders ist.
Zunächst hat der ehemalige Vorsitzende der FünfSterne-Bewegung und jetzige Außenminister Luigi Di Maio seinen Austritt aus der Bewegung verkündet. Der Schritt hatte gravierende Folgen: Zum einen sind Di Maio 60 Fünf-Sterne-Parlamentarier gefolgt, was dazu führte, dass die Bewegung nicht mehr die stärkste Fraktion im Parlament ist. Diesen Platz nimmt nun die nationalpopulistische Lega Matteo Salvinis ein.
Zum anderen verschärfen sich die Flügelkämpfe unter den Fünf-Sternen. Einer der zwei Flügel drängt auf einen Austritt aus der Koalition mit der Begründung, dies würde der Bewegung mehr Freiheit gewähren und im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Frühling vielleicht einen Teil der einstigen Wähler zurückbringen.
„Es ist unerhört, dass ein Premier, der noch dazu Technokrat ist, sich in interne Angelegenheiten einer Partei einmischt“