Sommersaison rettet das Wachstum
Wirtschaftsausblick. Heuer könnte ein Wachstum von bis zu vier Prozent möglich sein. Russische Gaslieferungen bleiben ein Risikofaktor und die Inflation bleibt auch 2023 hoch
Die Experten im Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und im Institut für Höhere Studien (IHS) sind sich einig: Nach dem Erholungsjahr 2021 soll die Wirtschaft heuer in Österreich trotz Pandemie-Nachwirkungen und UkraineKrieg kräftig wachsen.
Das Wifo errechnet für dieses Jahr ein BIP-Wachstum von 4,3 Prozent und erhöht damit die Prognose vom März, die bei 3,9 Prozent lag. Das IHS geht heuer von einem Plus von 3,8 Prozent aus. Zum Vergleich: 2021 lag das Wachstum bei 4,8 Prozent. Grund für diese optimistischen WachstumsprognoBauwesen sen sind die ersten beiden Quartale 2022. Da hat das Aus der Corona-Beschränkungen einen kräftigen Anschub gegeben, der aber ab dem 3. Quartal verloren gehen dürfte.
Der Tourismus, allen voran die Hotellerie und die
Gastronomie, stützen das Wachstum. Und sorgen für einen Beschäftigungsrekord in diesem Jahr. Belasten könnten den Tourismus jedoch neuerliche CoronaSchutzmaßnahmen bei steigenden Covid-Infektionszahlen. Die Industrie und das
schwächen das Wachstum hingegen. Grund sind etwa hohe Baukosten, die mitunter dazu führen, dass geplante Projekte nicht oder nur langsam umgesetzt werden. Für 2023 sind die Institute weniger optimistisch. Die Wirtschaft dürfte nur 1,6 (Wifo) bzw. 1,4 Prozent (IHS) wachsen.
Hartnäckige Inflation
„Das dominierende Thema ist die Rekordinflation. Mit knapp 8 Prozent ist das die höchste Rate seit fast 47 Jahren. Eine Generation von Österreichern hat so etwas noch gar nie erlebt“, so Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank
(EZB) steigt zaghaft, die Kreditzinsen für Häuslbauer wesentlich schneller.
Die bisher von der EZB angestrebten zwei Prozent Inflation seien in den nächsten Jahren nicht zu erreichen. „Wir müssen froh sein, wenn wir auf vier Prozent kommen“, so IHS-Chef Klaus Neusser. „Die Zentralbanken befinden sich in einer historisch schwierigen Lage“, so Felbermayr. Man müsse der EZB aber zugestehen, dass sie sich schwer tue – bei einer Inflation von 5,8 Prozent in Frankreich und 21 Prozent in Estland.
Ein Gaslieferstopp, oder eine weitere drastische Senkung der Lieferungen, berücksichtigt diese Prognose nicht, aber solche Szenarien wurden berechnet. In der schärfsten Form würde ein Ausbleiben von Gas zu einem Konjunktureinbruch führen – solche Entwicklungen seien für Wifo und IHS aber unwahrscheinlich.
Die Annahmen für die Berechnungen sind schwierig. Geht man davon aus, dass es plötzlich 30 Prozent weniger Gas gibt, könnte das zu einem BIP-Einbruch von 3 Prozent und einem Beschäftigungsrückgang von 4 Prozent führen. Was genau passiert, hängt aber vor allem davon ab, wie viel Gas durch andere Energieträger ersetzt werden kann, so Neusser.