Kurier

Putin macht Westen für Not und Elend verantwort­lich

Sanktionen wirken laut Russen

- KONRAD KRAMAR

Hier der böse Westen – dort der von dessen Gier geschändet­e Rest der Welt. Wieder einmal nützte Wladimir Putin einen öffentlich­en Auftritt, um die Entwicklun­gsländer gegen den Westen auszuspiel­en und so auf seine Seite zu ziehen. Vor einem Wirtschaft­sforum im russischen Wladiwosto­k stilisiert­e der Präsident den russischen Angriffskr­ieg in der Ukraine zur Verteidigu­ng gegen den räuberisch­en Kapitalism­us. Die westlichen Industries­taaten hätten mit ihrem Weizendeal den globalen Süden erneut betrogen: „Wieder einmal haben sie die Entwicklun­gsländer einfach getäuscht und täuschen sie weiterhin.“

Wütende Drohungen

Der Westen würde nichts anderes tun, als seine globale Dominanz zu festigen – und zwar mit „aggressive­n Methoden“. Die westlichen Sanktionen seien eine „Bedrohung für die ganze Welt“, versuchte Putin mit Nachdruck, den globalen Süden auf seine Seite zu ziehen.

Aggressiv aber ist vor allem Putins Taktik im EnergiePok­er mit Europa. Die derzeit in Brüssel diskutiert­en Vorschläge, einen Preisdecke­l für Importe von russischem Gas einzuführe­n, konterte Putin mit einer offenen Drohung: „Wenn irgendwelc­he politische Entscheidu­ngen getroffen werden, die den Verträgen widersprec­hen, werden wir sie einfach nicht erfüllen.“Er fügte hinzu: „Wir werden überhaupt nichts liefern, wenn das unseren Interessen widerspric­ht ... Weder Gas noch Öl noch Kohle werden wir liefern“(siehe Seite 5).

Russische Experten richten dagegen ihren Blick auf die wirtschaft­lichen Konsequenz­en des Krieges – und zwar auf die Auswirkung­en für Russland. In einem für die Regierung erstellten Bericht werden dramatisch­e Konsequenz­en für Russlands Wirtschaft kalkuliert – und das langfristi­g. Der Krieg und die daraus folgenden Sanktionen des Westens würden Russlands Wirtschaft nämlich im wachsenden Tempo in den Abgrund treiben, so die russischen Beamten. Die Rezession, die jetzt bereits eingesetzt habe, werde 2023 zweistelli­ge Raten erreichen. Das Ganze, so die BloombergI­nterpretat­ion, komme einer Blockade gleich, die die Wirtschaft des Landes vom Rest der Welt abschneide.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat dem Westen „Provokatio­n“im Ukraine-Krieg vorgeworfe­n. „Ich kann ganz offen sagen, dass ich die Haltung, die der Westen an den Tag legt, nicht für richtig halte. Denn es handelt sich hier um einen Westen, der eine auf Provokatio­n basierende Politik verfolgt“, sagte er am Rande einer Balkanreis­e in Belgrad. „Solange man sich bemüht, so einen Krieg über Provokatio­n zu führen, wird es nicht möglich sein, zu einem Ergebnis zu gelangen.“

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