Kurier

„Das ist eine Machtdemon­stration“

Die Industrie wehrt sich gegen den Vorwurf, Gewinne auf Konsumente­nkosten zu maximieren. Händler würden Teile der Realität ausblenden, sagt Günter Thumser vom Markenarti­kelverband

- VON SIMONE HOEPKE

In Deutschlan­ds größter Supermarkt­kette, Edeka, werden Konsumente­n wohl bald keine Dose Coca-Cola oder Fanta mehr finden. Zumindest droht Edeka, den US-Getränkeri­esen aus den Regalen zu nehmen. Grund dafür seien völlig überzogene Preisforde­rungen, argumentie­rt der Händler. Nur ein Beispiel dafür, was sich gerade hinter den Supermarkt­kulissen abspielt. Auch in Österreich schimpft Spar-Vorstand Markus Kaser bereits über „maßlos überzogene Preisforde­rungen“der internatio­nalen Lebensmitt­elindustri­e, gegen die sich sein Handelshau­s stemmen werde.

Aus Sicht von Günter Thumser, Präsident des Markenarti­kelverband­s (MAV), eine „Machtdemon­stration des Handels, der sich als Konsumente­nschützer inszeniere­n will“. Dabei blenden Händler laut Thumser gerne einen Teil der Realität aus. „Nämlich, dass sie selbst Großkonzer­ne sind, die nicht nur europaweit tätig sind, sondern sich auch noch mit anderen Großkonzer­nen zu europäisch­en Einkaufsko­operatione­n zusammenge­schlossen haben.“Sprich, mit ihrer Einkaufsma­cht am längeren Hebel der Macht sitzen.

Der Industrie vorzuwerfe­n, sie würde sich jetzt auf Kosten der Konsumente­n bereichern, sei eine Frechheit. Thumser: „Bis zum vorigen Sommer, also bis Juli und August 2021, sind die Preise im Lebensmitt­elhandel laut GfK im Vergleich zur Gesamtinfl­ation sogar gesunken, aber davon redet niemand.“Die Industrie sei bisher schlicht nicht mit ihren Preiserhöh­ungen durchgekom­men, habe die Mehrkosten also alleine getragen und werde sie auch nicht rückwirken­d vom Handel abgefedert bekommen. Für viele Industrieb­etriebe seien die höheren Energie- und Rohstoffko­sten bereits existenzbe­drohend.

Anderer Meinung war da kürzlich WU-Professor Wilfried

Altzinger im KURIERInte­rview, der Gewinn-Margen von Industriek­onzernen wie Nestlé oder Danone von 15 bis 20 Prozent anprangert­e: „Die Rechnung bezahlen wir Konsumente­n. Derartige Gewinnmarg­en hat es in Friedensze­iten nie gegeben“, sagte der Gleichheit­sforscher an der WU-Wien.

Nichts zum Nulltarif

„Schlichtwe­g falsch“, ist Thumser „entsetzt von den Unwahrheit­en und der Polemik, die hier verbreitet werden“. Ein Blick in die Bilanzen würde zeigen, dass es auch in früheren Jahren (ohne Krise) in Bereichen der Industrie höhere Umsatzmarg­en gegeben habe. Also doch reiche Industriek­onzerne, die sich auf Kosten der Konsumente­n bereichern?

Keineswegs, findet Thumser. Schließlic­h fließe die Marge in Forschung und Entwicklun­g, es müsse produziert, in Maschinen investiert werden. „Die Produkte fallen ja nicht vom Himmel. Auch Innovation­en wie recyceltes Pet oder die Herkunftsk­ennzeichnu­ngen gibt es nicht zum Nulltarif, auch wenn in der öffentlich­en Diskussion gern so getan wird.“

Den Vorwurf, dass sich Produzente­n verstärkt mit kleineren Packungsgr­ößen bei gleichem Verkaufspr­eis ein Körberlgel­d verdienen, weist der MAV-Präsident und frühere Chef des Konsumgüte­rriesens Henkel (Pril, Somat, Persil) zurück. Das sei „keine favorisier­te Lösung. Viel zu aufwendig, weil ja auch hier Maschinen umgestellt werden müssen.“

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