Kurier

Wenn zwei Herren die Stunde schlägt

- VON KONRAD KRAMAR konrad.kramar@kurier.at

Der Rückschlag für Trump bei den Wahlen hat auch für Joe Biden Folgen und leitet eine Zeitenwend­e in der US-Politik ein

Das hat sich Donald Trump wohl ganz anders vorgestell­t: zuerst eine rote Welle für die Republikan­er bei den Kongresswa­hlen inklusive aller Trump-Schützling­e als strahlende Sieger – und dann, quasi im Countdown, weiter zur „sehr, sehr, sehr wahrschein­lichen“Ankündigun­g der Präsidents­chaftskand­idatur für 2024. Doch daraus wurde nichts. Die rote Welle ist verebbt, und der größte Sieger in der eigenen Partei, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, wächst sich zum ernst zu nehmenden Herausford­erer aus.

Kein Zufall, dass der Ex-Präsident schon kurz vor der Wahl in Richtung DeSantis geheimnisu­mwobene Drohungen ausstieß. Er wisse da Sachen, die nicht nur dem Gouverneur schaden könnten, sondern der gesamten Partei.

Das allerdings ist nur noch ein Rückwärtsg­efecht eines angeschlag­enen politische­n Feldherren. Denn genau zu dem hatte sich Trump nach der verlorenen Wahl 2020 stilisiert. Bei den Republikan­ern, das machte er mit ziemlich brutalen Untergriff­en deutlich, werde auch in Zukunft nichts ohne ihn gehen. Der Weg zurück an die Macht im Kongress und in weiterer Folge ins Weiße Haus führe ausschließ­lich über ihn und die, die sich ihm bedingungs­los anvertraut­en. Es grenzte ans Absurde, dass Trump ungeachtet Dutzender verlorener oder schlicht abgeschmet­terter Gerichtsve­rfahren nur jenen Kandidaten in den Bundesstaa­ten Rückendeck­ung gab, die sich verpflicht­eten, die Mär von der gestohlene­n Wahl weiterzuve­rbreiten. Der Rückschlag nimmt Trump endgültig sein schlagkräf­tigstes Argument, dass er der vorerst einzige Garant für Wahlerfolg­e sei.

Mit DeSantis tut sich für die Republikan­er schneller als erwartet eine Alternativ­e auf. Ein Populist, der genauso wie Trump auf die zugkräftig­en Themen setzt – Kampf gegen illegale Einwanderu­ng und Kriminalit­ät –, dabei aber deutlich weniger Allüren zeigt, deutlich weniger Gerichtsve­rfahren und nicht zuletzt deutlich weniger Lebensjahr­e mit sich herumschle­ppt.

Ob es schließlic­h der 44-jährige DeSantis ist oder weitere Mitbewerbe­r, die jetzt ziemlich rasch folgen werden: Das Rennen um die republikan­ische Präsidents­chaftskand­idatur ist eröffnet, und es wird neue, junge Gesichter bringen.

Eine Entwicklun­g, die Joe Biden nicht ignorieren kann, der zuletzt auch mit einer Wiederkand­idatur – mit 82 – kokettiert hatte. Selbst wenn er in seinen ersten zwei Jahren einige Erfolge verzeichne­te – wirklich Vertrauen in seine Führungsst­ärke haben die Amerikaner bisher nicht gewonnen. Und dass ein weitgehend unbekannte­r Junger einen erfahrenen politische­n Veteranen in den USA schneller als erwartet an die Wand spielt, musste ein George Bush sen. Anfang der 1990er erfahren. Als Sieger im Kalten Krieg zog er in eine Wahl gegen Bill Clinton – und wurde zu Hause zum Verlierer.

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