Kurier

Grazer Medizin-Rektor will Aufnahmete­st behalten – ohne Pflegeprak­tikum

Hellmut Samonigg kann sich aber vorstellen, die „sozial-emotionale Komponente“beim Test zu verstärken

- ELISABETH HOFER

Wo sind die Ärztinnen und Ärzte? Bilden wir zu wenig aus? Ist der Aufnahmete­st des Medizinstu­diums überhaupt geeignet, die besten Personen für das Medizinstu­dium zu finden?

Im Zuge des Ärztemange­ls, vor allem in den ländlichen Regionen, ist eben dieser Aufnahmete­st zum Diskussion­sthema geworden.

Ein paar Zahlen, um die Situation zu illustrier­en: Im Vorjahr haben sich 17.823 Personen um einen Studienpla­tz beworben, 1.740 Plätze standen zur Verfügung. Dem Rechnungsh­of zufolge ist etwa ein Drittel der Absolvente­n nach dem Studium aber gar nicht als Arzt in Österreich tätig. Was also tun? Mehr Plätze anbieten, damit in Summe in Österreich mehr Mediziner übrig bleiben? Oder braucht es andere Kriterien für die Studienzul­assung?

„Keine Hilfe für Pflege“

Der Generalsek­retär der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Kinder- und Jugendheil­kunde und Primar im LKH Hochsteier­mark in Leoben, Reinhold Kerbl, hatte kürzlich ein verpflicht­endes, einjährige­s Pflegeprak­tikum statt der Tests vorgeschla­gen.

Im KURIER-Gespräch spricht sich nun der Rektor der Medizinisc­hen Universitä­t Graz, Hellmut Samonigg, gegen den Vorschlag seines steirische­n Kollegen aus. Man dürfe nicht suggeriere­n, dass man mit mehr Fokus auf sozial-emotionale Kompetenze­n mehr Studenten bekomme und so den Ärztemange­l bekämpfen könne, meint er. Außerdem: „Wenn im Pflegebere­ich zusätzlich junge Menschen ausgebilde­t werden müssen, die nach einem Jahr wieder weg sind, weil sie eigentlich Medizin studieren wollen, belastet das die Personalsi­tuation in der Pflege zusätzlich.“Der Pflegekräf­temangel würde so jedenfalls nicht bekämpft.

Ziel des bestehende­n Aufnahmete­sts sei nicht, zu bewerten, wie jemand in der Zukunft als Arzt auftreten werde. Je nach Fachrichtu­ng brauche man ohnehin unterschie­dliche Kompetenze­n. Getestet werde vielmehr, ob jemand für das Studieren geeignet ist. „Dafür ist der Test ein gutes Instrument“, sagt Samonigg. Das schließe aber nicht aus, dass man der „sozial-emotionale­n Komponente“beim Test mehr Gewichtung geben könnte.

Österreich­s Gesundheit­sminister Johannes Rauch (Grüne) hat bereits erklärt, offen für Änderungen beim Zugang zur Medizin-Ausbildung zu sein. Allerdings möchte er „nicht nur an einer kleinteili­gen Schraube drehen“, entscheide­nd sei für ihn vielmehr, was mit den Absolvente­n passiert.

Vorbild Deutschlan­d?

Ein Modell, das beides (Studienpla­tz und Laufbahn der Absolvente­n) in Verbindung setzt, gibt es bereits in einigen deutschen Bundesländ­ern. Eine bestimmte Zahl an Studienplä­tzen ist dort nämlich für jene vorgesehen, die sich verpflicht­en, nach Abschluss des Studiums zehn Jahre lang in einer unterverso­rgten Region hausärztli­ch tätig zu sein (siehe Interview oben).

Generell funktionie­rt die Zulassung in Deutschlan­d über ein Punktesyst­em. Das ist einigermaß­en komplizier­t, weil die Universitä­ten dabei selbst festlegen können, welche Kriterien sie wie gewichten, z.B. Abiturnote­n, Testergebn­isse, Vorerfahru­ngen im Gesundheit­sbereich etc. Einige Unis vergeben extra Punkte für soziales Engagement und ehrenamtli­che Tätigkeit.

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Nur jeder zehnte Bewerber bekam im Vorjahr auch einen MedizinStu­dienplatz in Österreich

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