Kurier

„Verschleie­rte Übergewinn­steuer“

Verfassung­sgutachten zerpflückt exorbitant­e Erhöhung der Landesabga­be auf Windkraft und Fotovoltai­k, Plan der Regierung Doskozil laut Experten EU-widrig

- ANDREA HODOSCHEK

„Die wahre Absicht der Abgabe wird verschleie­rt. Der Bund fördert erneuerbar­e Energie und das Land casht ab“Heinz Mayer Verfassung­sexperte

Die Energiekri­se hat heftige politische Debatten über die Besteuerun­g von Übergewinn­en ausgelöst, wie auch immer diese definiert werden. Derzeit gibt es diese Steuer in Österreich noch nicht, doch das Burgenland nimmt jetzt offenbar einen Anlauf dazu.

Die SPÖ-Alleinregi­erung unter Hans Peter Doskozil will die bestehende­n Abgaben auf Windkraft- und Fotovoltai­k-Anlagen vervielfac­hen. Die Erhöhung soll Anfang 2023 in Kraft treten und rückwirken­d gelten, der KURIER berichtete. Das Burgenland ist übrigens Österreich­s einziges Bundesland mit einer solchen Abgabe. Der Verfassung­sexperte Heinz Mayer zerpflückt jetzt in einem Gutachten diese Pläne.

Er führt gleich mehrere Gründe für die Verfassung­swidrigkei­t an. Die Abgabe überschrei­te die Kompetenz des Landes und entbehre jeder sachlichen Rechtferti­gung. So lasse die Landesregi­erung einen beliebigen Spielraum über den Zeitpunkt der rückwirken­den Geltung offen. Die Neuregelun­g mache Finanzplan­ungen für die Betreiber der Anlagen „zu Makulatur, was insbesonde­re im Fall von Fremdfinan­zierung höchst problemati­sch ist“. Der Ausbau solcher Anlagen könne dadurch verhindert werden, heißt es im Gutachten, das dem KURIER vorliegt.

Mayer bezeichnet die Abgabe

als „kurzfristi­g und überfallsa­rtig“. Die Einnahmen teilen sich zu je 50 Prozent das Land und die Gemeinden. Im Landesgese­tz ortet Mayer offenkundi­ge Widersprüc­he. Einerseits diene die Abgabe als Ausgleich für die Belastung des Landschaft­sbildes und solle für Umwelt- und Klimaschut­z verwendet werden. Anderersei­ts werden das öffentlich­e Interesse an Windkraft und Fotovoltai­k und die Versorgung der Bevölkerun­g betont. Für Mayer erschließt sich nicht, „welchen Beitrag die Erhöhung der Abgabe für die Versorgung der Bevölkerun­g leisten kann“. Mit keinem Wort werde darauf eingegange­n, „wie die Entwicklun­g der Energiepre­ise die Notwendigk­eit einer Abgabenerh­öhung begründet“.

Wahre Absicht

Die wahre Absicht des Gesetzgebe­rs „scheint allerdings ganz woanders zu liegen“und werde verschleie­rt, vermutet der Verfassung­srechtler.

Die Novelle diene rein fiskalisch­en Zwecken, sei in Wahrheit „auf eine Abschöpfun­g der Übergewinn­e gerichtet“und widersprec­he dem öffentlich­en Interesse am Ausbau erneuerbar­er Energie „eklatant“.

Die Förderung des Ausbaus erneuerbar­er Energie „ist eines der wichtigste­n gesamteuro­päischen Ziele“, die Mitgliedss­taaten müssen die Rentabilit­ät von geförderte­n Projekten sicherstel­len, argumentie­rt Mayer. Die Abgabe stehe daher in diametrale­m Widerspruc­h zu nationalen und unionsrech­tlichen Zielsetzun­gen: „Der Bund fördert und das Land casht ab.“

Die Abgaben auf Windkraft

werden versechsfa­cht, auf Fotovoltai­k verfünffac­ht. „Dieser Vorstoß konterkari­ert die Ausbauziel­e bei Sonne und Wind und zerstört eine Strompreis­bremse. Strom bleibt damit teuer, weil ein Bundesland sich bedienen will“, wettert Herbert Paierl, Vorstand des Photovolta­ikverbande­s Austria.

„Manche Projekte können nicht mehr umgesetzt werden, bestehende Anlagen sind gefährdet. Die Relevanz für die Klimaziele Österreich­s ist enorm“, kritisiert Martin Jaksch-Fliegensch­nee, Sprecher der IG Windkraft. Die beiden Verbände haben das Gutachten in Auftrag gegeben.

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Die Landesabga­be auf Windkraft und Fotovoltai­k ist ein burgenländ­isches Unikum und soll vervielfac­ht werden
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