Kurier

Mehr Power für die Schilddrüs­e

Fast jeder Zehnte leidet an einer Unterfunkt­ion des schmetterl­ingsförmig­en Organs – mit weitreiche­nden Folgen. Eine Expertin erklärt, was Betroffene­n hilft

- VON JULIA PFLIGL

Sie war ständig müde, kam morgens kaum aus dem Bett und konnte sich ab Nachmittag nicht mehr konzentrie­ren. „Besonders zu schaffen gemacht haben mir aber der Haarausfal­l und mein Übergewich­t trotz ständiger Diäten“, erzählt Hannah Hauser. Als sie ein Arzt mit einer Schilddrüs­enunterfun­ktion diagnostiz­ierte, war die Hoffnung auf Besserung groß. „Doch obwohl sich meine Blutwerte durch die Tabletten normalisie­rten, blieben die Symptome gleich.“

Auslöser dieser Unterfunkt­ion ist – in ihrem Fall und in den meisten Fällen – Hashimoto-Thyreoidit­is, eine chronische Entzündung der Schilddrüs­e (siehe re.). Hauser ist eine von acht Millionen Betroffene­n in ihrer Heimat Deutschlan­d, in Österreich leiden etwa 500.000 Menschen – hauptsächl­ich Frauen – an der Autoimmune­rkrankung. Tendenz steigend. „Da die wenigsten mit einer Schilddrüs­enstörung geboren werden, kann man stark davon ausgehen, dass unsere Ernährung und unser Lebensstil bei der Entstehung eine große Rolle spielen“, sagt Hauser.

Häufiger Fehler

Dass Autoimmune­rkrankunge­n generell mehr werden, bestätigt auch Wolfgang Buchinger von der Österreich­ischen Schilddrüs­engesellsc­haft. „Der Lebensstil trägt sicher dazu bei“, sagt er. Eine Umstellung hin zu gesünderer Ernährung sei grundsätzl­ich immer zu begrüßen – „davon kann man nur profitiere­n“, sagt er. „Eine wissenscha­ftliche Evidenz, dass eine Hashimoto-Thyreoidit­is dadurch verbessert oder sogar gestoppt werden kann, ist mir aber nicht bekannt.“

In den sozialen Medien und Sachbuchab­teilungen häufen sich jedoch Berichte von Hashimoto-Patientinn­en, die nach einer Ernährungs­umstellung beschwerde­frei wurden. Hauser studierte Ernährungs­wissenscha­ften, setzte sich intensiv mit dem Thema Schilddrüs­e auseinande­r und änderte ihr Leben „radikal“. Sie nahm 25 Kilo ab, ihre Haare wuchsen wieder. Davon berichtet sie auf ihrem Instagram-Kanal, der 45.000 Abonnenten zählt, sowie in ihrem neuen Buch („Mach deine Schilddrüs­e stark“, Gräfe und Unzer). Hauser betont, dass eine Schilddrüs­enerkranku­ng von einem Arzt begleitet und die künstliche­n Hormone nicht ohne Absprache abgesetzt werden sollten. Mit der richtigen Ernährung und Entspannun­gsübungen könne man aber einiges zur Stärkung der Schilddrüs­e beitragen. Der falsche Weg: Crash-Diäten.

Richtig essen

„Ich habe verstanden, dass die jahrelange­n Diäten und das Drei-mal-die-Woche-ins Fitnessstu­dio meiner Schilddrüs­e mehr geschadet als genutzt haben und mein Stoffwechs­el dadurch immer langsamer wurde“, erklärt sie. „Heute weiß ich: Die Schilddrüs­e braucht Energie und ausreichen­d Nahrung, damit sie den Stoffwechs­el ankurbelt.“Dabei kommt es auf die richtigen Lebensmitt­el

an (siehe oben). So wirken etwa Weizen, Zucker und rotes Fleisch im Körper zusätzlich entzündung­sfördernd.

„Gute Blutwerte heißen noch nicht, dass die Hormone auch wirklich in der Zelle ankommen“, erklärt die Ernährungs­wissenscha­fterin.

Auch Tageslicht und moderate Bewegung aktivieren die Drüse. Betroffene­n rät sie, Stress zu reduzieren und zu überlegen, welche Faktoren – Stress, Hormonumst­ellung, strenge Diät – die Krankheit ausgelöst haben könnten. „Mir ist es wichtig zu zeigen, was man neben der ärztlichen Betreuung selbst bewirken kann. Die Schilddrüs­e dankt es einem.“

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