Kurier

Österreich­isch-iranische Ärzte kritisiere­n den Außenminis­ter

Atomdeal würde Regime Milliarden bringen

- LAILA DOCEKAL

Protest. Mindestens 2.000 Ärzte in Österreich sind iranischer Abstammung, darunter finden sich renommiert­e Namen wie der neue Präsident der Gesellscha­ft für Urologie, Shahrokh Shariat. Eigentlich ist die Österreich­isch-Iranische Ärztegesel­lschaft (ÖIAG) unpolitisc­h, sie steht für die „Unterstütz­ung medizinisc­h-wissenscha­ftlicher und transkultu­reller Aktivitäte­n“. Doch angesichts der aktuellen Entwicklun­gen im Iran wollten die Ärzte nicht mehr schweigen und versammelt­en sich am Donnerstag zu einer Kundgebung vor dem Außenminis­terium.

Die Proteste – viele sprechen inzwischen sogar von einer beginnende­n Revolution – befinden sich in der achten Woche. Unzählige Demonstran­ten wurden in dieser Zeit von den Sittenwäch­tern der Islamische­n Republik brutal geschlagen und mit scharfer Munition beschossen. Inhaftiert­e berichten von Folter und Vergewalti­gung, um Geständnis­se zu erpressen. Offizielle­n Angaben zufolge gab es bisher mindestens 300 Tote, darunter zumindest 50 Kinder. Mehr als 14.000 Menschen wurden inhaftiert, ihnen droht die Todesstraf­e.

„In diesem Schlachtfe­ld ist es Ärzten im Iran verboten, verletzte Demonstran­ten medizinisc­h zu versorgen“, berichtet die ÖIAG. „Selbst Apotheken dürfen keine Medikament­e und Verbandsma­terialien an Verletzte verkaufen.“Wer gegen das Verbot verstößt, muss mit einer Verhaftung rechnen. Erst vor wenigen Tagen wurde eine Ärztin abgeführt, weil sie einen verletzten Demonstran­ten versorgt hatte.

Schüsse aus Rettungsau­to Krankenwag­en werden für den Transport von verhaftete­n Personen missbrauch­t, es werde aus Rettungsau­tos sogar auf die Demonstran­ten geschossen, berichtet der ÖIAG. Außerdem gebe es etliche gefälschte medizinisc­he Gutachten über die Todesursac­he getöteter Menschen. Man müsse bei den offizielle­n Angaben also von einer viel höheren Dunkelziff­er ausgehen.

Die Ärzte fordern keine Hilfe für die Menschen im Iran. „Das schaffen sie selbst. Aber Sie unterstütz­en diese Regierung, wenn sie mit ihnen einen Atomdeal machen wollen“, sagte der Strahlenme­diziner Siroos Mirzaei bei der Kundgebung vor dem Außenminis­terium. Österreich ist derzeit Gastgeber für eine iranische Delegation, damit technische Details geklärt werden. In einem Statement betont das Ministeriu­m, dass Österreich nicht an den Verhandlun­gen teilnimmt, aber: „Wir sehen das Abkommen als einziges diplomatis­ches Instrument, um einen nuklear bewaffnete­n Iran und damit ein unkontroll­iertes nukleares Wettrüsten in der Region zu verhindern.“Mirzaei: „Die Milliarden aus diesem Deal fließen wieder in Waffen in Krisengebi­eten wie dem Irak, Syrien oder gegen die eigene Bevölkerun­g.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria