Kurier

Shopping in den höchsten Sphären

Rekord-Auktion. Die Sammlung des verstorben­en Microsoft-Mitbegründ­ers Paul Allen brachte an einem Abend 1,5 Milliarden US-Dollar Umsatz. Klimts „Birkenwald“wechselte um 104,5 Millionen den Besitzer

- VON MICHAEL HUBER

Man dachte, der Gipfel für Auktionsre­korde sei irgendwann erreicht – doch unter den Dollar-Milliardär­en dieser Welt (laut Forbes 2.668 an der Zahl, ein leichter Rückgang gegenüber 2021) gibt es doch einige, die bereit sind, extrem hohe Summen für Kunst auszugeben.

Den Beweis lieferte in der Nacht zum Donnerstag die Auktion der Sammlung des 2018 verstorben­en MicrosoftM­itbegründe­rs Paul Allen bei Christie’s in New York. Mit einem Gesamtumsa­tz von 1,5 Milliarden US-Dollar (inklusive der vom Auktionsha­us eingehoben­en Prämien) wurde an einem Abend ein höherer Erlös erzielt als bei jeder bisherigen Versteiger­ung einer Privatsamm­lung.

Fünf Gemälde, darunter Gustav Klimts „Buchenwald“aus dem Jahr 1903, erzielten Preise jenseits der 100 Millionen – eine Häufung, die es so noch bei keiner Auktion gab. Für 20 Künstler wurde ein neuer Rekord aufgestell­t.

Seurat, Gauguin, Cézanne Den höchsten Zuschlag erhielt dabei Georges Seurats „Les Poseuses, Ensemble (Petite version)“. Mit 149 Mio. Dollar wurde ein neuer Höchstwert für den Künstler erzielt. Paul Gauguins Ölgemälde „Maternité II“(1899) wurde für 106 Millionen Dollar verkauft. Über die 100Million­en-Dollar-Marke kamen auch Paul Cézannes „La Montagne Sainte-Victoire“(1888–’90, 138 Mio. Dollar inkl. Gebühren) und Vincent Van Goghs „Verger avec cyprès“(117 Mio. Dollar).

Der Erlös der gesamten Auktion soll einer Stiftung zufließen, die gemeinnütz­ige Anliegen unterstütz­t, die Allen definiert hatte – welche genau, ist noch unbekannt.

Allen, der auch Rock-Memorabili­a sammelte und dafür ein Museum in Seattle errichten ließ, suchte in der Kunst stets das Beste von großen Namen. Der Milliardär hatte sich über den Umfang seiner Schätze lange bedeckt gehalten, einige aber doch immer wieder verliehen. So erfuhr die Fachwelt erst 2017 durch eine Wanderauss­tellung, dass sich Klimts „Birkenwald“(in der Literatur oft auch als „Buchenwald“gelistet) in Allens Besitz befand.

40,3 Millionen hatte Allen 2006 für das Bild bezahlt, was heute rund 60 Millionen US-$ entspräche. Die nun erreichten 104,5 Millionen sind also ein satter Gewinn.

Gutes Investment

Auch sonst erwies sich Allens Kunstsamml­ung als gutes Investment: Das Seurat-Gemälde „Les Poseuses“hatte der Software-Unternehme­r laut Art Newspaper 1999 von einem New Yorker Kunsthändl­er privat erworben. Zur Auktion war es zuletzt im Jahr 1970 gelangt, wo es um 1,1 Millionen US-$ den Besitzer

gewechselt hat, was heute rund 8,41 Millionen US-$ entspräche.

Laut einem Bericht der Ökonomin Clare McAndrew hat sich das von Milliardär­en gehaltene Vermögen in den vergangene­n zehn Jahren mehr als verdoppelt. Die TopTen-Milliardär­e hätten ihren Reichtum von März 2021 bis 2022 gar um 13 Prozent gesteigert. Kunst gelte vielen als „sicherer Hafen in turbulente­n Zeiten“, so McAndrew.

Dennoch ist die Luft in jenen Preiskateg­orien, in denen sich die Allen-Sammlung bewegt, sehr dünn. Christie’s hatte für alle Lose Garantien eingeholt – das heißt, sie wurden auch zu einem vorab fixierten Preis verkauft, selbst wenn sich kein Bieter meldete. Die Ergebnisse der USKongress­wahlen könnten die Kauflaune bei manchen noch in letzter Minute erhöht haben, sagten Experten zur New York Times. Laut Christie’s stammen die Bieter zu 50 % aus Nord- oder Südamerika, zu 12 Prozent aus Asien und zu 38 Prozent aus Europa oder dem Nahen Osten.

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