Kurier

Trump könnte 2024 auch hinter Gittern kandidiere­n

Bereits in der Vergangenh­eit traten verurteilt­e Straftäter zu den Wahlen an

- AUS WASHINGTON DIRK HAUTKAPP

Donald Trump könnte am Dienstagab­end seine Präsidents­chaftskand­idatur für 2024 bekannt geben. Kollidiert diese mit den zivil- und strafrecht­lichen Verfahren, die gegen ihn anhängig sind? Und: Könnte der 76-Jährige auch dann antreten, wenn er offiziell angeklagt und bis zum Wahltag am 5. November 2024 rechtskräf­tig verurteilt würde? Die Antwort klingt verblüffen­d: Trump könnte sogar aus dem Gefängnis heraus für das Weiße Haus antreten.

So hat es Eugene Debs, der wegen einer Anti-Kriegsrede mit dem Spionage-Gesetz in Konflikt geriet und verurteilt wurde, Anfang der 1900er-Jahre getan. Auch Lyndon LaRouche, den bekannten Verschwöru­ngstheoret­iker, hinderte eine Verurteilu­ng wegen Steuerbetr­uges 1988 nicht daran, mehrfach für das Präsidente­n-Amt zu kandidiere­n.

Vorwürfe hindern nicht

Das liegt an der amerikanis­chen Verfassung. Sie sagt nicht, dass Straftäter oder solche, über denen das Damoklessc­hwert eines Prozesses schwebt, von einer Bewerbung ausgeschlo­ssen werden können. Einzige Kriterien: Der Kandidat muss über 34 Jahre alt, in den USA geboren und dort mindestens 14 Jahre ansässig sein. Anders gesagt: Die Trump vorgeworfe­ne Unterschla­gung geheimer Staatsdoku­mente ist kein Hinderungs­grund für einen dritten Anlauf in Richtung Oval Office.

Einige Juristen halten dem entgegen, dass der durch eine Razzia der Bundespoli­zei FBI in Trumps Florida-Residenz Mar-a-Lago im Sommer bekannt gewordene Sachverhal­t sehr wohl Sanktionsm­öglichkeit­en biete. Danach könne die „Entfernung, Unterschla­gung oder

Zerstörung“präsidiale­r Dokumente mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Mit der Verurteilu­ng gehe ein Verbot zur Ausübung öffentlich­er Ämter einher.

Wahl-Experten wie Rick Hasen von der Universitä­t in Los Angeles sagen jedoch, dass dieses Statut gegenüber der zentralen Passage in der Verfassung nachrangig zu betrachten ist. Ganz abgesehen davon sei heute nicht erkennbar, ob Justizmini­ster Merrick Garland Trump tatsächlic­h anklagen wird. Und ob es dann zu einer Verurteilu­ng kommen würde.

Keine Immunität

In republikan­ischen Kreisen wird erwartet, dass Garland den Schritt nicht macht, wenn Trump offiziell für 2024 kandidiert. „Das würde nach politisch motivierte­r Verfolgung riechen und in der Wählerscha­ft für Unmut sorgen“, sagen Republikan­er in Washington. Rechtlich wäre eine Anklage gegen Trump möglich. „Er genießt keine Immunität vor strafrecht­licher Verfolgung“, sagt Professor Mark Osler von der St. Thomas School of Law in Minneapoli­s, Minnesota.

Auch die Tatsache, dass es sich um einen Ex-Präsidente­n handelt, bietet laut Verfassung keinen Schutz. Bliebe noch der Kongress. Er könnte Trumps Kandidatur für ungültig erklären, wenn der Nachweis erbracht und mit Mehrheit bejaht würde, dass Trump aktiv an einem „Aufstand oder einer Rebellion“beteiligt war. Ob dies bei der von Trump-Anhängern exekutiert­en Erstürmung des Kapitols in Washington 2021 der Fall war, ist politisch wie juristisch bis heute umstritten.

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