Kurier

„Bauträger nicht als Feinde angesehen“

Der frühere Stadtpolit­iker der Wiener Grünen redet seine Rolle klein und erklärt dem Gericht ausführlic­h, warum die Letztentsc­heidung bei Planungsst­adträtin Maria Vassilakou lag

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Tag zwei im Korruption­sprozess gegen den früheren Grünen Wiener Gemeindera­t Christoph Chorherr und neun Top-Investoren, darunter Michael Tojner, Erwin Soravia und René Benko. Wie berichtet, wirft die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft Chorherr Amtsmissbr­auch und Bestechlic­hkeit vor und den anderen Beschuldig­ten Bestechung durch Spenden an einen gemeinnütz­igen Verein Chorherrs, der in Südafrika Schulen und Kindergärt­en errichtete. Es geht um 1,6 Millionen Euro. Die Vorwürfe werden bestritten.

Die Atmosphäre am Montag ist nicht mehr ganz so locker wie am ersten Prozesstag vergangene Woche. Eingangs sind noch etliche Verteidige­r jener angeklagte­n 21 Unternehme­n am Wort, die an den Verein s2arch Spenden leisteten. Salopp formuliert, wird die Anklagesch­rift zerpflückt.

Anwalt Rüdiger Schender vertritt die Signa Holding von René Benko, die an den Chorherr-Verein 2011 exakt 100.000 Euro gespendet hat. Benko sitze nur auf der Anklageban­k, weil er Immobilien­unternehme­r sei. Diese Spende habe mit dem späteren Bauprojekt Quartier Belvedere am Wiener Hauptbahnh­of nichts zu tun. Zwischen der Spende und dem Bauprojekt liegen Jahre. Bis 2013 seien die ÖBB nach wie vor Liegenscha­ftseigentü­mer gewesen. Signa habe ein fertiges Projekt übernommen. „Es ist in Österreich auch nicht illegal, dass Unternehme­n spenden“, sagte Schender.

Bürgermeis­ter Zilk

Doch der Prozesstag ist Christoph Chorherr gewidmet. Er bekannte sich gleich zu Beginn „nicht schuldig“. Es gebe keinen Zusammenha­ng zwischen Bauprojekt­en und Spenden. Als säße er noch immer im Gemeindera­t, schildert er ausschweif­end seine Motivation, in Südafrika Entwicklun­gshilfe zu leisten. Er sei Mitte der 1990er-Jahre zum damaligen Bürgermeis­ter Helmut Zilk „gestürmt“und habe ihm von diesem karitative­n Projekt erzählt. Zilk gab nach Rückfrage beim Sohn, der in Südafrika lebt, sein „Go“und das Projekt „Ithuba“nahm seinen Lauf. Das Neue an diesem Projekt war, dass Architektu­rstudenten vor Ort die Bauten errichten.

Seine damalige Rolle ab 2010 als Planungssp­recher der Grünen spielte er gekonnt herunter. Planungsst­adträtin war Maria Vassilakou, er habe nur die Aufgabe gehabt, die Planungen der Öffentlich­keit zu verkaufen. Er habe keinen formalen Einfluss gehabt, die Letztentsc­heidung habe Vassilakou getroffen.

Er sei aber im Planungsun­d Wohnbauaus­schuss gesessen und habe „Bauträger nicht als Feinde angesehen“.

Er habe diese auch aufgesucht und Gespräche geführt. Mit der Planungsst­adträtin Vassilakou habe es einen Jour fix gegeben, wo der Ist-Stand der Widmungspr­ojekte besprochen wurde. Er habe dort seine „städtebaul­ichen Visionen eingebrach­t“.

Fehler gemacht

Auch beim umstritten­en Heumarkt-Projekt Tojners habe Vassilakou entschiede­n, dass das Vorhaben nicht abgeblasen wird. Sie habe ihn gebeten, das Projekt zu unterstütz­en. Es gab reichlich Gegenwind aus den eigenen Reihen. Eine knappe Mehrheit der Basis war dagegen. Er sei nur einer von 14 Juroren gewesen und habe vor der Höhe des Heumarkt-Turms gewarnt. Die Jury habe anders entschiede­n. Der SPÖ-Bürgermeis­ter hat das Projekt letztlich gestoppt. Indes räumte Chorherr ein, dass es sein Fehler war, dass er die Obmannscha­ft im Verein „s2arch“erst 2018 und nicht 2010 mit Regierungs­eintritt der Grünen in Wien zurückgele­gt habe.

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