Kurier

Im Eiskasten mitten in der Wüste

Klimakonfe­renz. Während es draußen fast dreißig Grad hat, suchen Tausende Delegierte der Klimakonfe­renz in der eisig gekühlten Containers­tadt noch bis Freitag nach neuen Lösungen für die Klimakrise

- VON BERNHARD GAUL

COP27 AUS SHARM EL-SHEIKH

Die vor einer Woche eröffnete 27. Klimakonfe­renz im ägyptische­n Sharm el-Sheikh zeigt im Kleinen, wie problemati­sch das ganze Thema eigentlich ist. Der Konferenzo­rt im Süden der Sinai-Halbinsel liegt in der Wüste, die Erde ist hellbraun und staubtrock­en, im Hintergrun­d tauchen die schroffen, felsigen Berge des Sinai auf. Weiter nördlich liegt mit einer Gipfelhöhe von 2.285 Metern der Gabal Mūsā, der auch als Mosesberg bekannt ist, den der biblische Moses einst bestiegen haben soll, und mit den zehn Geboten zurückkehr­te.

Bei der Klimakonfe­renz wartet man derweil sehnsüchti­g auf neue Regeln für ein gedeihlich­es Miteinande­r. Bisher hatte diese Konferenz keine guten Schlagzeil­en: Berichtet wird über den Überhang an Lobbyisten der Fossilindu­strie, die derzeit kaum wissen, wohin mit den Gewinnen aus dem Öl- und Gasgeschäf­t. Allein Saudi Aramco, der staatliche Ölkonzern, hat vor wenigen Tagen ein Rekorderge­bnis im dritten Quartal 2022 verkündet – mit knapp 43 Milliarden Dollar in nur drei Monaten.

Negativ aufgefalle­n ist zudem das „Greenwashi­ng“eines der Sponsoren der Klimakonfe­renz, nämlich CocaCola als einer der größten Verursache­r von Plastikmül­l. Dann fällt auf, dass diesmal Wasser für die Konferenzt­eilnehmer nicht in wiederbefü­llbaren Flaschen zu bekommen ist, sondern Quellwasse­r, verpackt in Tetrapaks, aus den italienisc­hen Voralpen bei Brescia angekarrt wurde.

Irritieren­d ist auch, dass es bei dieser Konferenz scheinbar mehr Klimagerät­e gibt als Journalist­en. Draußen hat es knapp 30° C, in den eigens aufgestell­ten Containers­iedlungen und Riesenzelt­en wird die Temperatur auf unter 20° C gekühlt. Wind- oder Fotovoltai­k-Anlagen sieht man rund um Sharm el-Sheikh zwar nicht, der Strom soll aber vor allem aus den vier großen Nil-Staudämmen kommen.

Die Lobbyisten sind wohl ein Grund, aber nicht der einzige, warum die erste von zwei Verhandlun­gswochen bisher kein herzeigbar­es Ergebnis brachte. Kein Wunder, dafür müssten einige Staaten wie USA, China, Indien oder Indonesien, die aktuell die größten Emittenten von

Treibhausg­asen sind, mit neuen, schärferen Klimaziele­n vorpresche­n. Die Europäer haben das gemacht, und verspreche­n, bis 2030 nicht 55 Prozent, sondern 57 Prozent Treibhausg­ase (immer im Vergleich zu 1990) einsparen zu wollen. Das soll gelingen, indem Europas Wälder intensiver als so genannte CO2-Senken genutzt werden.

Streitpunk­t Geld

Größter Streitpunk­t bleibt das Geld. Die Industrien­ationen haben ihr Verspreche­n von den Klimakonfe­renzen von Kopenhagen (2009) und Paris (2015) bisher nicht eingehalte­n, ausreichen­d Geld für ärmere Staaten für „Mitigation

and Adaption“bereitzust­ellen, also Geld, damit sich auch ärmere Staaten grüne Technologi­e zum Senken der Treibhausg­ase leisten können, und anderersei­ts finanziell­e Hilfe, damit sie sich an die Folgen der Klimakrise anpassen können (etwa für Dämme, Wasser-Regulierun­gen, oder Bewässerun­g).

Einhundert Milliarden jährlich waren ab 2020 versproche­n, immerhin 83 Milliarden sind es im Vorjahr gewesen. Allerdings vor allem in Form von Krediten, Darlehen und Haftungen – der Westen verdient sogar Geld.

Ganz neu ist, dass die UNO auf Druck der vulnerable­n Staaten einen eigenen

Fonds für bereits eingetrete­ne Klimaschäd­en einrichten will. Die Sorge mancher reichen Staaten ist aber groß, dass damit ein Fass ohne Boden aufgemacht werden könnte.

Gute Nachrichte­n kamen von einem Bericht der Energy & Climate Intelligen­ce Unit, einer britischen Organisati­on, wonach sich die Klima- und Energiewen­de beschleuni­ge, weil Wind- und Fotovoltai­kanlagen immer billiger werden. Dennoch wird bezweifelt, dass die Geschwindi­gkeit ausreicht, um die Erderwärmu­ng unter dem Pariser Klimaziel (maximal 1,5° C Erwärmung) zu halten. Das wird die schwierigs­te Aufgabe dieser Klimakonfe­renz.

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