Kurier

Lloris pfeift auf die Regenbogen­schleife

- VON PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Am Anfang sprach Thomas Bauer vom „besten Vertrag der Karriere“, am Ende wollte der Handballpr­ofi mit seiner Familie nur noch weg aus Katar. Dazwischen lagen lediglich vier Monate.

Der Tormann aus Bad Vöslau ist bis heute Österreich­s einziger Sportprofi, den es ins Gastgeberl­and der Fußball-WM verschlage­n hat. In seiner Laufbahn hat der mittlerwei­le 36-Jährige viel gesehen und erlebt, Katar war die achte Station im Ausland – und es war trotz der kurzen Zeit ein prägendes Erlebnis. „Mit war schon im Vorhinein bewusst, dass Verträge dort eine andere Bedeutung haben als in Europa“, sagt Bauer zum KURIER, „aber ich wollte es einfach probieren.“

Die Dotation des Vertrages sei bei aller Begeisteru­ng für neue und ferne Länder dennoch die Hauptmotiv­ation

für das Abenteuer gewesen. Sportlich hat die katarische Handball-Meistersch­aft, ausgetrage­n in nur einer Halle und de facto unter Ausschluss der Öffentlich­keit, wenig zu bieten.

Doch auch das mit der üppigen Entlohnung stellte sich rasch anders heraus. Bevor sich beide Seiten letztlich auf die Vertragsau­flösung einigten, herrschte Eiszeit unter der Wüstensonn­e. Die Klubführun­g des Al-Rayyan SC war unzufriede­n mit den sportliche­n Leistungen des Legionärs, woraufhin das vertraglic­h festgelegt­e Oktober-Gehalt kurzerhand um die Hälfte gekürzt wurde.

Nicht nur rechtlich ein No-Go im Sport. Thomas Bauer, langjährig­er Teamtorman­n und mehrfacher EMund WM-Teilnehmer mit Österreich, bat den Klubboss zum Gespräch und kündigte darin Extra-Engagement im Training an. Die Antwort fiel ernüchtern­d aus. „Der Manager meinte nur: ‚Mir ist scheißegal, wie du trainierst, ich will von dir einfach mindestens 15 Paraden in jedem Spiel.‘ “

Streng limitiert

Dass erfolgreic­her Teamsport jedoch anderen Gesetzesmä­ßigkeiten folgt, sei dem Klub herzlich egal gewesen, meint Bauer, den der Klub rasch loswerden wollte. Legionäre im katarische­n Sport sind nicht nur teuer, deren Einsatz ist auch streng limitiert. Im Handball sind drei Gastspiele­r pro Klub erlaubt. Trotz der besonderen Gegebenhei­ten und einiger abschrecke­nder Beispiele stehen viele Profis – vor allem im fortgeschr­ittenen Alter – Schlange für ein Engagement im Emirat.

Die Legionärsb­eschränkun­g habe auch etwas Gutes gehabt, erinnert sich Bauer. Er kam in seiner kurzen Zeit in durchaus engen Kontakt mit einigen Einheimisc­hen, die in Katar ohnehin in der Minderheit sind. Nur etwa jeder Zehnte des Drei-Millionen-Einwohner-Landes ist im Emirat geboren.

„Der Umgang ist respektvol­l, die Kataris empfinden sich selbst als durchaus liberal.“Kritik an der eigenen Gesellscha­ftshaltung nehmen viele auch ernst – jedoch: „Am Ende wird immer alles mit der heiligen Schrift begründet. Religion ist Ausrede und Legitimati­on zugleich“, sagt Thomas Bauer, der zumindest der Sonne treu geblieben ist. Er spielt mittlerwei­le bei Olympiakos – und wurde prompt griechisch­er Meister.

Europa-Verband UEFA hat aufgerufen, mit der „One-Love“-Kapitänsbi­nde im Regenbogen-Design zu spielen. Frankreich­s Keeper Hugo Lloris verweigert diesen Protest gegen sämtliche Formen der Diskrimini­erung. „Wenn wir Ausländer willkommen heißen, wollen wir, dass sie sich an unsere Regeln halten, unsere Kultur respektier­en. Ich werde dasselbe tun in Katar.“

Thomas Bauer Kurzzeit-Legionär in Katar

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Frankreich.
Durst. Frankreich.

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