Ein Dorf im Ausnahmezustand
Polen. Nach dem Einschlag einer offenbar ukrainischen Abfangrakete kehrt Warschau zur Normalität zurück. Przewodow trauert
„Es gab zweimal einen großen Knall, dabei bebte die Erde“, schildern die Bewohner von Przewodow. Das sei kilometerweit zu hören gewesen. Auch weltweit schlug der Vorfall Wellen – beim G20-Gipfel auf Bali fand eine Sondersitzung der NATORegierungschefs statt, in Warschau trafen sich Polens Premierminister Mateusz Morawiecki, Staatspräsident Andrzej Duda und der nationale Sicherheitsrat zu einer Krisensitzung.
Am Mittwoch stellte Duda dann klar: Die Rakete, vermutlich vom Typ S-300, welche noch in der Sowjetunion hergestellt wurde, sei „höchstwahrscheinlich“von ukrainischer Seite zur Luftverteidigung abgeschossen worden. Am Dienstag erlitt die Ukraine den massivsten Beschuss mittels Raketen und Drohnen seit Beginn der russischen Invasion. In beruhigendem
Angehörige der getöteten Bauern werden psychologisch betreut
Ton sagte der Präsident deshalb: „Absolut nichts weist darauf hin, dass dies ein beabsichtigter Angriff auf Polen war.“
Aufgrund mangelnder Beweise werde man davon absehen, Artikel 4 des NATO-Bündnisses zu beantragen, so Morawiecki. Dies hätte bedeutet, dass ein Mitgliedstaat die derzeit 29 anderen Mitglieder einberuft, da seine „Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit“bedroht ist.
Ausnahmezustand
Emotionaler sieht es in dem Dorf Przewodow mit seinen am Mittwoch Behörden in weißer Schutzkleidung nach Raketenteilen.
Das Verhältnis Polens zum östlichen Nachbarn Russland ist nun noch angespannter als zuvor. Der russische Botschafter Sergej Andrejew wurde in der Nacht auf Mittwoch in das polnische Außenministerium zitiert. „Wir schließen seine Ausweisung zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus“, so der stellvertretende Außenminister Pawel Jablonski. In Moskau wurde hingegen eine polnische Frau mit Diplomatenstatus vom Inlandsgeheimdienst FSB wegen Bestechung festgenommen.