Nach Vergewaltigungsvorwurf: Wirbel um ÖVP-Funktionär
Prozess. Zwei seiner Parteikollegen wegen Verleumdungsvorwurf vor Gericht
Die Geschichte rund um einen hochrangigen Wiener ÖVP-Politiker wäre vermutlich nie in der Öffentlichkeit aufgeschlagen, waren doch die Ermittlungen bereits eingestellt. Nun landete die brisante Causa aber doch vor dem Landesgericht für Strafsachen in Wien. Es geht um den Vorwurf der Vergewaltigung – und gleichzeitig um den Vorwurf der Verleumdung.
Zwei Mitglieder der JVP hatten den Politiker wegen (versuchter) Vergewaltigung angezeigt. Zu einem Verfahren kam es nicht. Dafür müssen sich nun die beiden jungen Männer wegen des Vorwurfs der Verleumdung vor Gericht verantworten.
„Perfide“, nennt das der Anwalt des Klägers. „Vergewaltigung ist von allen Strafsei taten am schwierigsten zu widerlegen.“In seinen Augen sei das aber gelungen – mithilfe von alten Chats, die in dem Verfahren noch öfter Thema sein werden.
Die beiden jungen Männer allerdings bleiben bei ihren Aussagen. „Das erste Mal wirklich wahrgenommen habe ich ihn auf Grindr (der größten Plattform in der LGBTQIA+-Community, Anm.)“, erzählt ein Angeklagter. Erst sei es zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen. Der Kontakt blieb bestehen. „Aus Opportunismus“, wie er sagt. Es
schön gewesen, in diesen „Lebenskreis“, den der Politiker pflegte, einzutauchen. Bei einem Treffen Jahre später allerdings soll er plötzlich in einem Hotelzimmer nackt vor ihm gestanden – und ihn zu sexuellen Handlungen aufgefordert haben. „Davor hat er noch Poppers (eine gängige Droge in der Schwulenszene, Anm.) genommen“, schildert der junge Mann. Er sei geflüchtet.
Als der Politiker wieder Kontakt aufnahm, schrieb der junge Mann: „Endet das dann wie das letzte Mal?“An die Nachricht hängte er drei Smileys an.
Der andere Angeklagte schildert: Er habe mit dem Politiker Kontakt gehalten, weil er in der Partei so ein gutes Netzwerk hatte. „Ich war ein frischer Funktionär.“Und so begleitete er ihn auch zu einer Schwulenparty. „Als ich gehen wollte, hat er mich noch zu einem Getränk überredet. Wenig später war ich bewusstlos. Aufgewacht bin ich im Bett in seiner Wohnung.“Er habe sich wehren wollen, erzählt er. „Aber ich konnte nicht. Unter der Dusche habe ich dann geweint.“
Einer der beiden Angeklagten
Flurfunk in der Partei
Er habe den Zwischenfall verdrängt. Hatte noch regelmäßigen Kontakt mit dem Politiker. Erst während der Corona-Zeit sei ihm die Erinnerung zurückgekommen. „Ich war dann in psychologischer Behandlung. Ich habe mit der Anzeige gezögert, weil ich mir gedacht habe: ‚Was bedeutet das innerhalb der Partei‘? Die Leute reden dann. Der Flurfunk funktioniert bei uns sehr gut.“
„Alles erstunken und erlogen“, kontert der Anwalt des Politikers. Der Kläger selbst wird erst beim nächsten Verhandlungstermin aussagen.