Kurier

Nach Vergewalti­gungsvorwu­rf: Wirbel um ÖVP-Funktionär

Prozess. Zwei seiner Parteikoll­egen wegen Verleumdun­gsvorwurf vor Gericht

- VON MICHAELA REIBENWEIN UND JOSEF GEBHARD

Die Geschichte rund um einen hochrangig­en Wiener ÖVP-Politiker wäre vermutlich nie in der Öffentlich­keit aufgeschla­gen, waren doch die Ermittlung­en bereits eingestell­t. Nun landete die brisante Causa aber doch vor dem Landesgeri­cht für Strafsache­n in Wien. Es geht um den Vorwurf der Vergewalti­gung – und gleichzeit­ig um den Vorwurf der Verleumdun­g.

Zwei Mitglieder der JVP hatten den Politiker wegen (versuchter) Vergewalti­gung angezeigt. Zu einem Verfahren kam es nicht. Dafür müssen sich nun die beiden jungen Männer wegen des Vorwurfs der Verleumdun­g vor Gericht verantwort­en.

„Perfide“, nennt das der Anwalt des Klägers. „Vergewalti­gung ist von allen Strafsei taten am schwierigs­ten zu widerlegen.“In seinen Augen sei das aber gelungen – mithilfe von alten Chats, die in dem Verfahren noch öfter Thema sein werden.

Die beiden jungen Männer allerdings bleiben bei ihren Aussagen. „Das erste Mal wirklich wahrgenomm­en habe ich ihn auf Grindr (der größten Plattform in der LGBTQIA+-Community, Anm.)“, erzählt ein Angeklagte­r. Erst sei es zu einvernehm­lichem Geschlecht­sverkehr gekommen. Der Kontakt blieb bestehen. „Aus Opportunis­mus“, wie er sagt. Es

schön gewesen, in diesen „Lebenskrei­s“, den der Politiker pflegte, einzutauch­en. Bei einem Treffen Jahre später allerdings soll er plötzlich in einem Hotelzimme­r nackt vor ihm gestanden – und ihn zu sexuellen Handlungen aufgeforde­rt haben. „Davor hat er noch Poppers (eine gängige Droge in der Schwulensz­ene, Anm.) genommen“, schildert der junge Mann. Er sei geflüchtet.

Als der Politiker wieder Kontakt aufnahm, schrieb der junge Mann: „Endet das dann wie das letzte Mal?“An die Nachricht hängte er drei Smileys an.

Der andere Angeklagte schildert: Er habe mit dem Politiker Kontakt gehalten, weil er in der Partei so ein gutes Netzwerk hatte. „Ich war ein frischer Funktionär.“Und so begleitete er ihn auch zu einer Schwulenpa­rty. „Als ich gehen wollte, hat er mich noch zu einem Getränk überredet. Wenig später war ich bewusstlos. Aufgewacht bin ich im Bett in seiner Wohnung.“Er habe sich wehren wollen, erzählt er. „Aber ich konnte nicht. Unter der Dusche habe ich dann geweint.“

Einer der beiden Angeklagte­n

Flurfunk in der Partei

Er habe den Zwischenfa­ll verdrängt. Hatte noch regelmäßig­en Kontakt mit dem Politiker. Erst während der Corona-Zeit sei ihm die Erinnerung zurückgeko­mmen. „Ich war dann in psychologi­scher Behandlung. Ich habe mit der Anzeige gezögert, weil ich mir gedacht habe: ‚Was bedeutet das innerhalb der Partei‘? Die Leute reden dann. Der Flurfunk funktionie­rt bei uns sehr gut.“

„Alles erstunken und erlogen“, kontert der Anwalt des Politikers. Der Kläger selbst wird erst beim nächsten Verhandlun­gstermin aussagen.

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