Kurier

Bremst euch ein!

Die Ausgaben des Staates für Löhne und Pensionen beginnen angesichts der hohen Inflation aus dem Ruder zu laufen

- VON ROBERT KLEEDORFER robert.kleedorfer@kurier.at

Die Inflation liegt in Österreich so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr.

Ein überschaub­arer Rückgang der Preissteig­erungsrate ist erst nächstes Jahr zu erwarten. Entspreche­nd forsch sind die Forderunge­n der Lohnverhan­dler auf der Arbeitnehm­erseite. Teils zu Recht aufgrund der geringen Ausgangsba­sis. Beispiel Pflege: Die Löhne und Gehälter steigen um bis zu 10,2 Prozent. Dort werden neu beginnende Pflegeassi­stentinnen und -assistente­n aktuell mit knapp 1.900 Euro brutto im Monat entlohnt (exklusive Zulagen). Dass dies bei der physisch und psychisch herausford­ernden Tätigkeit zu wenig ist, liegt auf der Hand. Ohne entspreche­nde Lohnerhöhu­ng bzw. Bonuszahlu­ngen (2.000 Euro heuer seitens des Bundes) wird es noch schwierige­r, Mitarbeite­r zu halten bzw. neue zu finden.

Der bereits vorhandene Mangel an Pflegekräf­ten im Land wird sich alleine angesichts der zunehmende­n Alterung der Gesellscha­ft weiter verschärfe­n. Gibt es keine entspreche­nde Entlohnung, bleibt wohl wirklich nur der Versuch, den Bedarf mit Menschen aus fernen Ländern wie Indien zu decken, wie UNIQA-Chef Andreas Brandstett­er vorschlägt (siehe Seite 14).

Mehr Pflegekräf­te und höhere Löhne bedeuten auch steigende Kosten. Schon jetzt muss alleine der Bund 4,5 Milliarden Euro im Jahr für den Pflegebere­ich zur Verfügung stellen. Auch bei den Pensionen hat der Staat eine Erhöhung von bis zu 10,2 Prozent zu stemmen. Das führt dazu, dass die staatliche­n Pensionszu­schüsse aus dem Budget bis 2027 auf fast 37,8 Milliarden Euro im Jahr steigen werden. Die Beamten wiederum haben noch keine konkrete Forderung auf den Tisch gelegt, aber wie man die verhandlun­gsstarke zuständige Gewerkscha­ft kennt, wird auch sie auf einen hohen Abschluss pochen.

All diese staatliche­n Ausgaben muss eigentlich irgendwer bezahlen. Doch in österreich­ischer Tradition ist dies für die Regierende­n meist nur ein Nebenthema. Zu sehr sind sie auf gesellscha­ftlichen Konsens, auch im Sinne der Wiederwahl, fokussiert. Jeder Versuch einer Einsparung wird von Opposition und Interessen­svertretun­gen torpediert. Dies wird wohl dazu führen, dass irgendwann schmerzhaf­te Maßnahmen, die vor allem die heutige Jugend treffen werden, unausweich­lich sind.

Es ginge aber auch anders. Vorausscha­uende und an die Situation angepasste Reformen wären notwendig. Und maßvolle Lohnanhebu­ngen dort, wo schon jetzt die Löhne hoch sind. Wie nun passend dazu Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer festgestel­lt hat: Der aktuelle Kostenanst­ieg werde von der Bevölkerun­g „massiv überschätz­t“. Was so viel heißt, wie: Die hohen Lebensstan­dards bleiben dank staatliche­r Hilfen und privater Vorsorge ohnehin großteils erhalten. Lohnerhöhu­ngen über die Inflations­rate hinaus sind daher nicht generell angebracht.

Newspapers in German

Newspapers from Austria