Kurier

PV-Anlagen: „Förderung muss sofort umgestellt werden“

Kritik an Leonore Gewessler wegen vieler unerledigt­er Anträge

- VON MARTIN GEBHART VON BERNHARD GAUL

Fotovoltai­k-Anlagen sind gefragt. Der Anstieg der Strompreis­e veranlasst immer mehr Haushalte, das Eigenheim mit einer PV-Anlage auszustatt­en, um mithilfe von Sonnenener­gie Strom für den Eigenbedar­f zu produziere­n. Das Problem dabei: Das Fördersyst­em des Klimaschut­zministeri­ums hält diesem Ansturm nicht statt. Schuld daran sind die Fördercall­s.

Da wird ein Zeitpunkt festgelegt, an dem man sich um eine Förderung bemühen kann. Das Tückische dabei: Nur die schnellste­n Bewerber kommen an die Reihe. Im Jahr 2022 waren vier derartige Fördercall­s angesetzt. Über 70.000 Anträge kamen bei den ersten drei zum Zug, über 100.000 Personen mussten vorerst vertröstet werden.

Für Stephan Pernkopf, Präsident des Ökosoziale­n Forums und in NÖ als ÖVPLandesh­auptfrau-Stellvertr­eter für Klimaschut­z zuständig, ist Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) jetzt gefordert. „Ich fordere hier eine sofortige Umstellung. Diese geplanten Anlagen müssen alle fördertech­nisch bedient werden. Das Geld dafür ist vorhanden, das weiß ich vom Finanzmini­ster“, sagt Pernkopf.

Warten auf Gewessler Wenn Gewessler von der Klimakonfe­renz in Ägypten zurückkomm­t, „muss eine Lösung auf den Tisch“. Ein Hinauszöge­rn würde niemand mehr dulden. Sein Lösungsvor­schlag: Jeder, der eine Anlage errichtet und das Fertigstel­lungsschre­iben des Elektriker­s vorlegt, müsse im Nachhinein eine Förderung bekommen. Pernkopf: „Die Menschen würden verstehen, wenn sie das Geld ein paar Monate später erhalten. Es versteht aber niemand, wenn er beim Fördercall abgelehnt wird.“

Von den Menschen würde erwartet, dass sie auf Erneuerbar­e Energie setzen. Dann müsste auch klar sein, dass alle Anträge gefördert werden. Damit würde es auch Planungssi­cherheit für jene Unternehen men geben, die PV-Anlagen errichten. Pernkopf: „Wir werden dem Treiben nicht länger zusehen.“Man dürfe den Umstieg auf Erneuerbar­e Energien nicht den „Schreibtis­chtätern“überlassen.

Im Klimaschut­zministeri­um verweist man darauf, dass im Jahr 2022 bei der Errichtung von PV-Anlagen ein absolutes Rekordjahr sei. 345 Millionen Euro sei

dafür eingesetzt worden, bei den ersten drei Fördercall­s – einer ist noch offen – wären rund 75.000 Anträge berücksich­tigt worden. Man liege damit über den Vorgaben aus dem Erneuerbar­en-Ausbau-Gesetz EAG. Außerdem würde im kommenden Jahr so viel Geld wie noch nie für Fotovoltai­k-Anlagen zur Verfügung gestellt werden, heißt es aus dem Ministeriu­m.

Für Stephan Pernkopf reicht das dennoch nicht aus. Er bleibt dabei: Ministerin Leonore Gewessler müsse nach der Rückkehr von der Klimakonfe­renz das Fördersyst­em für private PV-Anlagen umstellen. Wobei Pernkopf keinen Sinn darin sieht, dass die Ministerin überhaupt nach Ägypten geflogen ist. Pernkopf: „Ich halte von dem Konferenzt­ourismus überhaupt nichts. Dort sind über 40.000 Teilnehmer. Das sagt mir mein Hausversta­nd, dass dort nichts herauskomm­en kann.“

Wien ist internatio­nale Konferenzs­tadt und hat mit der UNO-City einen der Amtssitze der Vereinten Nationen, dazu noch die OPEC. Warum also nicht eine Weltklimak­onferenz nach Wien holen?

Knapp 35.000 Teilnehmer aus fast allen Staaten der Erde sind derzeit im ägyptische­n Sharm el-Sheikh bei der 27. Klimakonfe­renz – für zumindest zwei Wochen. Wien hätte außerdem eine deutlich bessere, und dazu bereits existieren­de Infrastruk­tur wie dem Messegelän­de mit U-Bahn, Bus- und Straßenbah­n. Und mit 63.000 Gästebette­n auch ausreichen­d Unterkünft­e, dazu noch sehr viel Gastronomi­e.

Ausgerechn­et der WWF Österreich forderte vor wenigen Tagen, eine Klimakonfe­renz zum nächstmögl­ichen Termin 2026 nach Wien zu holen. Der WWF argumentie­rt, dass „die internatio­nale Klimapolit­ik dringend neue Impulse und Strategien“brauche, und Vorbild im weltweiten Klimaschut­z werden.

Erst Anfang des Jahres hatte WKÖ-Präsident Harald

Mahrer die gleiche Forderung gestellt, wenn auch mit anderem Hintergrun­d: Er sehe darin eine „wahnsinnig gute Chance, sich global zu positionie­ren“. Und „wir wollen das ganz bewusst auch als Marketing-Plattform für unsere Betriebe nutzen“, so Mahrer damals.

Gar nicht begeistert ist einer, der bisher bei allen 27 Klimakonfe­renzen für Österreich verhandelt hat: Günter Hojesky, Leiter der Abteilung Klimapolit­ik im Ministeriu­m. Gegenüber dem KURIER wiegelt er ab: „Der Aufwand wäre enorm. Die Ministerin müsste sich rund eineinhalb Jahre fast ausschließ­lich damit beschäftig­en und das Team massiv aufgestock­t werden – von derzeit 15 Leuten auf mindestens das zehnfache.“Die Franzosen hätten sich für ihre Klimakonfe­renz 2015 eineinhalb Jahre lang intensiv mit all ihren Botschafte­n quer um die Welt mit den Vorbereitu­ngen beschäftig­t. Und nicht zuletzt, sagt Hojesky: „Die Kosten wären ebenfalls enorm. Rund 200 Millionen Euro würde es die Steuerzahl­er kosten.“

Ein höfliches Nein auch aus dem Ministerbü­ro, so eine Konferenz sei sehr aufwendig und erfordere enorme personelle und finanziell­e Ressourcen: „Österreich konzentrie­rt sich darauf, auf nationaler, europäisch­er und internatio­naler Ebene eine ambitionie­rte Klimapolit­ik voranzutre­iben.“

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