Kurier

Klimawande­l: Vertrauen in Politik deutlich gesunken

Generell blicken Österreich­er pessimisti­sch in die Zukunft. Umfassende Studie sollte in Regierung Alarmglock­en läuten lassen

- VON ANDREAS PUSCHAUTZ

Die Klimakrise ist ein wichtiges Thema für weite Teile der Bevölkerun­g – die gleichzeit­ig befürchtet, dass die Politik nicht dazu in der Lage ist, rechtzeiti­g gegenzuste­uern. Das sind die zentralen Erkenntnis­se einer am Donnerstag vorgestell­ten, repräsenta­tiven Sinus-Milieu-Studie, die das Integral-Institut im Auftrag von „Mutter Erde“und Greenpeace durchgefüh­rt hat.

86 Prozent der 1.000 Befragten finden es „notwendig und sinnvoll“, Maßnahmen gegen den Klimawande­l zu ergreifen. 80 Prozent haben auch selbst vor, sich in Zukunft klimafreun­dlicher zu verhalten. Dabei zeigt sich,

Glauben Sie, dass die Politik die richtigen Maßnahmen ergreifen wird, um den Klimawande­l zu stoppen?

ja, unbedingt 2020 2022

eher schon dass das Bewusstsei­n für den Klimawande­l bei Weitem kein Elitenthem­a mehr ist, sondern in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen ist.

So stimmten der Aussage „Der Klimawande­l macht mir

eher nicht sicher nicht große Angst“insgesamt 17 Prozent „voll und ganz zu“. In der größten Einzelgrup­pe, der von Soziologen so benannten „adaptiv-pragmatisc­hen Mitte“, sind es mit 33 Prozent fast doppelt so viele.

In dieser Gruppe, sozusagen dem Bindeglied der Gesellscha­ft, müsste man auch mit Maßnahmen ansetzen, sagt Integral-Geschäftsf­ührer Bertram Barth, denn: „Wenn wir die Mitte breit genug ansprechen, erreichen wir auch die anderen mit.“Die Bereitscha­ft, konkrete Maßnahmen mitzutrage­n, ist aber auch gesamtgese­llschaftli­ch hoch.

So sprechen sich 91 Prozent für Solaranlag­en auf möglichst vielen Dächern aus, 82 Prozent für dichtere Öffi-Fahrpläne, 81 Prozent für Windräder in allen Bundesländ­ern und 69 Prozent für ein Steuersyst­em, das klimafreun­dliches Verhalten belohnt und klimaschäd­liches Verhalten sanktionie­rt. Selbst die Frage nach verpflicht­enden Energiespa­rmaßnahmen durch die Regierung fand mit 62 Prozent eine deutliche Mehrheit. Lediglich bei der Frage nach niedrigere­n Tempolimit­s ist Österreich gespalten: 49 Prozent sind dafür, 47 Prozent dagegen.

Vertrauen schwindet

Das Problem ist: Die Menschen verlieren zunehmend das Vertrauen in die Politik, notwendige Maßnahmen auch zu ergreifen (siehe Grafik). In zwei Jahren ging die Zahl derer, die das der Regierung zutrauen, um acht Prozentpun­kte zurück – von einem Drittel auf ein Viertel. Damit einhergehe­nd geben 75 Prozent der Befragten an, sie sorgten sich generell, dass die nötigen Maßnahmen gegen den Klimawande­l nicht rechtzeiti­g getroffen werden. Ganz konkret rechnen 90 Prozent damit, dass Extremwett­erereignis­se weiter zunehmen werden, knapp zwei Drittel halten sogar Wüstenbild­ungen im Mittelmeer­raum für möglich.

In Kombinatio­n mit einem auch unabhängig vom Klimawande­l zunehmend negativen Blick in die Zukunft – 58 Prozent blicken sehr oder eher pessimisti­sch nach vorne – sei das „alarmieren­d“, sagt Barth. Herwig Schuster von Greenpeace ergänzt: „Wenn ich Politiker wäre, würde ich sehr schnell ins Handeln kommen.“

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