Kurier

Republikan­er haben jetzt scharfe Waffe

USA. Mit ihrer Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus können die Konservati­ven Präsident Biden das Leben schwer machen. Das könnte auch Folgen für die Ukraine haben

- AUS WASHINGTON DIRK HAUTKAPP

Herber Rückschlag mit Zeitverzög­erung für US-Präsident Joe Biden und seine Demokraten: Acht Tage nach den Teilwahlen zum Kongress hat die Stimmenaus­zählung ergeben, dass die opposition­ellen Republikan­er mindestens 218 Mandate und damit die Mehrheit im 435-köpfigen Repräsenta­ntenhaus erobert haben, wo unter anderem Budgetfrag­en geregelt werden. Weil die Demokraten durch Siege in Schlüssel-Bundesstaa­ten wie Pennsylvan­ia und Nevada ihre knappe Mehrheit im Senat verteidige­n konnten, kommt es nach der Vereidigun­g des neuen Kongresses am 3. Jänner nächsten Jahres zu dem, was die Amerikaner „divided government“nennen – geteilte Macht beim Regieren.

Pelosi geht

Und das könnte für Biden nun unangenehm werden. Die mächtige Vorsitzend­e des US-Repräsenta­ntenhauses, Nancy Pelosi, hat schon angekündig­t, ihre Führungspo­sition aufzugeben. Sie war zwei Jahrzehnte lang eine zentrale Machtfigur der Demokraten und die drittwicht­igste Politikeri­n der USA.

Ziel der Republikan­er ist es erklärterm­aßen, Biden im Anlauf zur Wahl 2024 (wo er erneut auf Donald Trump treffen könnte) so zu beschädige­n, dass der dann 82-Jährige von den Wählern vor allem als „politische­r Totalschad­en“dasteht.

Dabei haben die Republikan­er viele Pfeile im Köcher. Das beginnt mit parlamenta­rischen Untersuchu­ngen, um die Demokraten vorzuführe­n: Etwa zur Lage an der Grenze zu Mexiko, zur FBI-Razzia bei Donald Trump in Mar-a-Lago oder zu den Geschäften von Bidens Sohn Hunter in der Ukraine und China.

Schon jetzt ist klar, dass der Untersuchu­ngsausschu­ss zum Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner 2021 eingestell­t wird. Dagegen darf sich Biden auf ein Amtsentheb­ungsverfah­ren einstellen, das mangels Mehrheit im Senat zwar scheitern wird, aber über Wochen den Präsidente­n in den Medien in ein schiefes Licht rücken kann.

Dazu haben Vertreter des rund 50-köpfigen „Freedom Caucus“, einer Fraktion von Trump-nahen Radikalen und Wahl-Leugnern, angedroht, die obligatori­sche Anhebung der Schuldenob­ergrenze zu verweigern, was zu einem partiellen Stillstand der Bundesverw­altung und im ungünstige­n Fall zur Zahlungsun­fähigkeit der Vereinigte­n Staaten führen kann.

Klimaschut­z gefährdet Aus dem gleichen Kreis kommt auch die Forderung, die bereits jetzt 60 Milliarden Dollar überschrei­tenden Militär-Hilfen für Kiew im Kampf gegen Russland massiv einzudampf­en. Was automatisc­h die Regierunge­n in Europa betreffen würde. Um dem Problem vorzubeuge­n, will Biden noch vom alten Kongress, der bis zum 2. Jänner 2023 amtiert, grünes Licht für ein weiteres, rund 38 Milliarden Dollar schweres Hilfspaket für die Ukraine erhalten.

Zudem könnten die Republikan­er die Regierung zu milliarden­schweren Ausgaben-Kürzungen zwingen; Etwa im großen Klimaschut­zPaket, mit dem Biden die USA auf den Weg der KlimaNeutr­alität bringen will.

Konzeption­ell will die „Grand Old Party“auch die sozialen Sicherungs­systeme schlank sparen. Auch ein landesweit Abtreibung­sverbot wollen die Konservati­ven vorantreib­en. Zudem wollen die Republikan­er die Einwanderu­ngspolitik der Biden-Regierung, die zuletzt binnen eines Jahres mit rund 2,3 Millionen Flüchtling­en an der Grenze zu Mexiko zu kämpfen hatte, und den opferreich­en Abzug der US-Truppen aus Afghanista­n im Sommer 2021 in Quasi-Untersuchu­ngsausschü­ssen unter die Lupe nehmen.

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