Kurier

Inflation, Budgetloch, Rezession: Briten müssen Gürtel enger schnallen

Nach Steuersenk­ungsplänen seiner Vorgängeri­n setzt Premier Sunak auf Steuererhö­hung und Ausgabenkü­rzung

- G. SZALAI, LONDON

Großbritan­nien. Steuererhö­hungen im Wert von rund 25 Milliarden Pfund (28,6 Milliarden Euro) und Ausgabenkü­rzungen von 30 Milliarden Pfund (34,3 Milliarden Euro) – der Kampf gegen Inflation, ein Budgetloch und den wirtschaft­lichen Abschwung kommt die Briten teuer zu stehen. Jeremy Hunt, Finanzmini­ster in Rishi Sunaks konservati­ver Regierung, bestätigte am Donnerstag bei der Präsentati­on seines Haushaltsp­lans, dass sich das Land bereits in einer Rezession befindet: 2023 werde die Wirtschaft­sleistung laut der unabhängig­en Budgetbehö­rde um 1,4 Prozent schrumpfen, gefolgt von einem Aufschwung von 1,3 Prozent 2024. Die Arbeitslos­igkeit werde bis dahin von derzeit 3,6 Prozent auf 4,9 Prozent steigen. Angesichts all dessen, einer Inflations­rate von 11,1 Prozent, der höchsten seit 41 Jahren, und einer Energiekri­se „made in Russland“, betonte Hunt viele „schwierige Entscheidu­ngen“. Doch er positionie­rte seine Sanierungs­pläne als „ehrlich, fair und ausgewogen“.

Ein Weihnachts­geschenk Weil viele im Land den Gürtel nun noch enger schnallen müssen, erschien die Sun schon im Vorfeld mit einer wenig schmeichel­haften Fotomontag­e von Hunt als Ebenezer Scrooge, der von Charles Dickens kreierte Geizhals. Dabei hatte Sunak der Sun kürzlich erst gesagt, er wolle mit dem Finanzplan lieber Santa, also Weihnachts­mann, spielen. „Stabilität“, ein „flacherer Wirtschaft­sabschwung“sowie die Sicherung von 70.000 Jobs seien Hauptziele des Haushalts, argumentie­rte Hunt.

Vor allem die Teuerung müsse man in den Griff bekommen, weil sie „mehr vom Geld in den Taschen der Briten frisst“als Steuern, meinte er. Trotz der Lebenskost­enkrise müssten alle ihren Beitrag leisten, auch wenn die sozial Schwächste­n weniger Belastung und mehr Hilfe erwarten dürfen, so der Schatzkanz­ler. „Brite zu sein bedeutet, mitfühlend zu sein“, versuchte er den Spagat.

Neben Einsparung­en in vielen Bereichen versprach er etwa höhere Ausgaben in Bildung und Gesundheit­swesen. Auch mit einer Erhöhung und Verlängeru­ng der Übergewinn­steuer für Energiekon­zerne, sowie der Senkung der Schwelle für den Spitzen-Einkommens­teuersatz schien Sunaks Regierung zu versuchen, der opposition­ellen LabourPart­ei

etwas Wind aus den Segeln nehmen.

Nachdem Kurzzeit-Premier Liz Truss mit nicht gegenfinan­zierten Steuersenk­ungsplänen Chaos an den Finanzmärk­ten ausgelöst hatte, soll der Kurswechse­l wieder Vertrauen herstellen und den Tories bei den nächsten Wahlen 2024 zumindest eine Chance geben. Laut neuesten Umfragen liegt sie weiterhin klar hinter Labour: aktuell mit 25 zu 48 Prozent, so YouGov.

Labour kreidete die Rückkehr zu schmerzhaf­ter Sparpoliti­k an. „Die Tories halten uns zurück“, so Parteichef Keir Starmer. Beachtung fand aber ein längerfris­tiges Verspreche­n von Hunt: „Ich möchte Großbritan­nien in das nächste Silicon Valley verwandeln.“Labour hatte einen anderen US-Vergleich für die Tories nach zwölf Jahren an der Macht parat: „Dallas“. „Alte Darsteller kehren mit verworrene­n Handlungss­trängen zurück, als wäre nichts passiert. Aber jeder weiß, dass diese Serie längst hätte eingestell­t werden sollen.“

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