Kostendämpfungspfade nutzen
Beim PRAEVENIRE Gipfelgespräch in Wien wurden Modelle und Lösungsansätze diskutiert, wie mit (künftigen) Kostentreibern im Gesundheitsbereich umgegangen werden soll. Weitere Gespräche dazu werden folgen.
ie älter werdende BevölDkerung
und der unaufhaltsame medizinische Fortschritt zählen zu den künftigen Kostentreibern im Gesundheitsbereich. Das PRAEVENIRE Gesundheitsforum startet daher einen Dialog mit relevanten Stakeholdern in Form von PRAEVENIRE Gipfelgesprächen. Ziel dieses offenen Dialogprozesse ist es, Modelle für die gemeinsame Beschaffung und Lösungsvorschläge zur praktischen Umsetzung zu erarbeiten.
Die Besonderheit des österreichischen Sozial- und Gesundheitssystems zeichnet sich durch die grundlegende Dialogbereitschaft aller Beteiligten aus sowie durch das System der Sozialpartnerschaft, das über Jahrzehnte funktioniert. Für das PRAEVENIRE Gesundheitsforum hat es sich bislang bewährt, unvoreingenommen Meinungen von Expertinnen und Experten einzuholen.
Hohe Kosten erwartet Angesichts der während der kritischsten Phasen der COVID-19-Pandemie getroffenen Maßnahmen und der damit verbundenen Kosten wird befürchtet, dass in den kommenden Jahren Sparpakete auf das Gesundheits
Sozialwesen zukommen könnten. Da gleichzeitig die Kosten insgesamt steigen werden, sei nun dringend geboten, kostendämpfende Potenziale auszumachen und wie früher bei einem Masterplan Gesundheit zu berücksichtigen. Daher müsse, so die Expertinnen und Experten, darüber nachgedacht werden, wie das österreichische Gesundheitssystem langfristig finanzierbar bleiben kann.
Lösungsansätze
Dafür sei, so die Meinung der Teilnehmenden, ein Grundmaß an unternehmerischem Handeln in den Gesundheitskassen erforderlich. Durch das Setzen gemeinsamer Standards sei in der Anschaffung von Medikamenten, Materialien und medizinischen Geräten sowie durch gebündelte Anschaffung eine Kostendämpfung möglich. Für die Krankenanstalten wird ein stringentes Modell, wie bereits in Form der Einkaufsplattform der 11 Einkaufsgesellschaften etabliert, als sinnvoll empfunden. Österreich ist im Bereich der extramuralen Standard-Medikamente teurer als viele EU-Länder und mit Blick auf nordische Staaten wird hier Potenzial gesehen, günstiger einzukaufen. Ein Verhandlungsargument könnte der traditionell schnelle Marktzugang für neue Medikamente sein. Als überlegenswert auch im Sinne des Capacity Building in der Ausbildung könnte, in gewissen Nischen, die eigene Produktion zumindest mancher Medikamente und Heilmittel darstellen.
Strukturelle Reform
Auf Grund des medizinischtechnologischen Fortschritts und der zu erwartenden Verund ringerung der Verweildauer im intramuralen Bereich bei gleichzeitig starker Zunahme ambulanter Behandlungen, wird eine grundsätzliche strukturelle Reform des stationären Bereichs vorgeschlagen. Dazu gehören die Möglichkeit der multidisziplinären Belegung von Stationsbetten, eine tageszeitlich definierte Aufnahmepolitik und die Etablierung einer teilstationären, tagesklinischen Aufnahme. Dies würde auch dem Personalmangel entgegenwirken.
Neben der finanziellen Abgeltung ambulanter Operationen wird empfohlen, kostendämpfende Maßnahmen mit Zielvereinbarungen zu begleiten, die den Krankenhausträgern bzw. einzelnen Krankenhäusern ermöglichen, erwirtschaftete Potenziale für sich zu nutzen. Die strategische Neuaufstellung des stationären Bereiches sei notwendig, um den medizinisch-technologischen Fortschritt wirtschaftlich und strukturell abholen zu können. Ohne strukturelle Reform sei es nicht möglich, der Kostenschere zu entkommen.
Prävention
Prävention und Präventivmedizin sind bei der Kosteneinsparung entscheidend, denn Vorsorge wirkt direkt und indirekt stark auf Krankenanstalten zurück. Ein klassisches Beispiel dafür ist eine multiprofessionelle, multidisziplinäre und patientenorientierte Diabetesversorgung von früher Identifikation der Risikopersonen bei der Vorsorgeuntersuchung und früher
Diagnose an, die der in Österreich vergleichsweise hohen Amputationsrate erwiesenermaßen entgegenwirken könnte. Im Bereich der Onkologie ließe sich durch den frühen Einsatz von Screening-Programmen etwa die Rate an Krebsoperationen senken.
Erforderliche Datenlage Notwendig für einen zielgerichteten, fundamentalen Strukturwandel sind eine entsprechende Datenlage sowie Mechanismen zur Sicherung der Datenqualität. Gemeint sind etwa Diagnosedaten, die schnell und unbürokratisch zwischen behandelnden (Haus- und Fach-)ÄrztInnen, bzw. zwischen MedizinerInnen des intramuralen und extramuralen Bereichs ausgetauscht werden können, oder die Existenz einer zentralen Datensammlung zur Beschaffung. Beide Fälle brächten Einsparungspotenziale mit sich: So könnten durch einen unkomplizierten Datenaustausch (einfache Kommunikationskanäle, einheitliche Standards der Dokumentation) doppelt durchgeführte Untersuchungen vermieden werden. Auch könne durch bundesweit einheitliche, intern transparente Preisgestaltung das Einsparungspotenzialen besser erkannt und genutzt werden. Diese setzt ein einheitliches, zeitgemäßes, für alle nutzbares System zum Austausch von Untersuchungsergebnissen sowie einheitliche Register (Daten chronischer und seltener Erkrankungen, Dokumentation etc.) voraus.
| Leiter der Niederösterreichischen Patienten- und Pflegeanwaltschaft (PPA) und Sprecher der Patientenanwälte Österreichs (digital)
| Verwaltungsdirektor und Kaufmännischer Geschäftsführer der Rudolfinerhaus Privatklinik
| Leiterin der Anstaltsapotheke im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz (digital)
| Leiter der Anstaltsapotheke PyhrnEisenwurzen Klinikum und Lead Buyer Pharmazeutische Produkte der Oberösterreichischen Gesundheitsholding
| Gynäkologe und Krankenhausmanager (digital)
| Bereichsleiter Versorgungsmanagement III der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK)
| Leiter der Abteilung Gesundheitspolitik der Arbeiterkammer Niederösterreich (AK NÖ)
| Abteilungsleiter Vertragspartner Medikamente im Dachverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger
| Präsident des gemeinnützigen Vereins PRAEVENIRE
| Leiter EK Einkauf der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) (digital)
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