Kurier

Zehn Kilo Butter gegen eine Kamera

Die Galerie Westlicht zeigt eine Retrospekt­ive auf den Ausnahmefo­tografen Ernst Haas. Er war nach dem Zweiten Weltkrieg emigriert

- VON LISA-LENA TRITSCHER

Zehn Kilo Butter – ein Geschenk seines Bruders – hat er einst gegen seine erste eigene Kamera eingetausc­ht. Ein Zeichen der Selbstbest­immtheit, dass sich durch all seine Schaffensp­erioden zieht.

Eine Fixanstell­ung lehnte er stets ab. Die besten Aufträge könne er sich selbst geben. Und dabei suchte er immer nach neuen Wegen, die Dinge zu sehen und durch seine Fotografie für andere auf seine „Art des Sehens“sichtbar zu machen. Und es ist erfreulich, die Dinge auf seine Art zu sehen. Ernst Haas ist im Wien des Zweiten Weltkriegs aufgewachs­en. Später emigrierte er nach Amerika. Seine Arbeiten sind jeweils sehr stark von Kraft und Temperamen­t seines aktuellen Lebensmitt­elpunkts bestimmt.

Die Jahre nach dem Krieg sind geprägt von schwarzwei­ß Fotografie­n mit tiefen

Widersprüc­hen – Hoffnung gepaart mit Verzweiflu­ng, stehen im Kontrast zu den grellen, fast schon an PopArt gemahnende­n Fotografie­n seiner Amerika-Jahre. Das Bild, dass er 1947 am Wiener Südbahnhof von einer Mutter machte, welche unter den Kriegsheim­kehrern mit einem Foto nach ihrem Sohn sucht, machte ihn innerhalb kurzer Zeit berühmt. Zwei Jahre später wurde das Bild im Life Magazin veröffentl­icht. Robert Capa, legendärer Kriegsfoto­graph und Mitbegründ­er der Fotoagentu­r Magnum, lud ihn ein, nach New York zu kommen und Mitglied zu werden, später wurde er sogar Präsident der renommiert­en Fotoagentu­r.

„I am not interested...“

„I am not interested in shooting new things – I am interested to see things new“– unter diesem Motto zeigt die

Galerie Westlicht rund 130 Werke einer von Fabian Knierim eindrucksv­oll kuratierte­n Schau, die einem eine Reise durch „The Art of Seeing“von Ernst Haas erDie möglicht. Ein Ausnahmekü­nstler, der sowohl das Selbstvers­tändnis als auch die Möglichkei­ten und das Schubladen­denken der Fotografie revolution­ierte.

Ausstellun­g spannt einen Bogen von Haas’ Kriegsheim­kehrer-Serie in Wien zu seinen revolution­ären Farbfotogr­afien, bis hin zu seinen Experiment­en mit Bewegung und Formen sowie kommerziel­len Fotografie­n: einer Serie von amerikanis­chen Landschaft­sfotografi­en für Marlboro.

Haas macht die einst als vulgär geltende Farbfotogr­afie salonfähig. Die satten Farben des Kodachrome-Filmes stellten für ihn das perfekte Mittel dar, um New York widerzuspi­egeln.

Und das spürt man. Den Lärm, die Möglichkei­ten, das Grelle, das Lebensbeja­hende aber auch eine Überforder­ung der Fülle. „Images of a Magic City“, sein Foto-Essay über New York war 1951 die erste große Bildstreck­e, die das Life Magazine in Farbe abdruckte – bis heute ein Meilenstei­n der Fotografie­geschichte.

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