Bahn-Streik: Vor dem großen Chaos
Exakt vor 19 Jahren waren es 66 Stunden: Mitte November 2003 streikten die Eisenbahner in Österreich – damals wegen der Bahnreform.
Der letzte österreichweite Eisenbahner-Warnstreik fand im November 2018 statt, als es sich in den Kollektivvertragsverhandlungen spießte, damals allerdings nur für wenige Stunden.
Nun gibt es erneut einen Machtkampf rund ums Geld, Inflationsabdeckung und Teuerungsausgleich (siehe Zusatzbericht), deshalb ist für kommenden Montag, 28. November, wieder ein Streik angedroht – er könnte massive Folgen haben.
Wer will eigentlich streiken?
Der ÖGB hat der Gewerkschaft vida die Genehmigung für einen Warnstreik erteilt, und zwar im Eisenbahnerbereich. Rund 50.000 Menschen sind bei den Bahnen beschäftigt – vom Lokführer bis zum Zugbegleiter.
Wie lang wird das dauern?
Der Streik soll – so es nicht doch eine Einigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer gibt – am Montag, Null Uhr, beginnen und 24 Stunden dauern. Nicht betroffen sind Busverbindungen, etwa des Postbusses – deren Mitarbeiter haben einen anderen Kollektivvertrag und sind von den laufenden Gesprächen nicht betroffen.
Wer wäre von einem Stillstand betroffen? Jeder Pendler, der üblicherweise mit dem Zug zum Arbeitsplatz oder in die Schule fährt, aber auch jeder Bahnreisende. Wie viele Kunden das exakt an einem Montag sind, lässt sich aber nicht abschätzen. „Sollte es tatsächlich zu einem Streik kommen, kann das Ausmaß der Ausfälle und Verzögerung erst abgeschätzt werden, wenn die genauen Details zum Streik feststehen“, heißt es seitens der ÖBB. „Vorher kann man da leider gar nichts quantifizieren.“
Dauert der Streik wirklich 24 Stunden lang? Denkbar ist, dass der Streik nicht die vollen 24 Stunden dauert, sondern – wie im Jahr 2018 – nur für ein bestimmtes Zeitfenster am Montag gilt. Damals waren es zwei Stunden in der Mittagszeit, rund 100.000 Fahrgäste waren betroffen. Ob der Bahnverkehr vollkommen zum Erliegen kommt, hängt auch davon ab, wie viele Mitarbeiter sich an dem Streik beteiligen.
Würde es am Montag einen Ersatzverkehr mit Bussen geben?
Auch das ist einer der offenen Punkte, der von den Beteiligten am Donnerstag noch nicht beantwortet werden konnte. Allerdings wäre ein solcher Schienenersatzverkehr nicht nur eine logistische Herausforderung, sondern auch eine bezogen auf die Kapazitäten: Beim Warnstreik der Eisenbahner im November 2018 waren etwa in ganz Vorarlberg 30 Ersatzbusse unterwegs.
Wäre auch die S-Bahn in Wien betroffen?
Ja, auch diese für den Personennahverkehr im Osten Österreichs wichtige Verbindung würde still stehen.
Und was ist mit der Westbahn – fährt sie?
Das ist noch offen, heißt es seitens des privaten Bahnunternehmens: „Im Moment können wir noch keine valide Einschätzung der Situation am Montag abgeben, da wir nicht zuletzt davon abhängig sind, wie sich die Lage beim Infrastrukturbetreiber gestalten wird.“Dieser Betreiber sind die ÖBB. Wie viele Verbindungen der Westbahn von einem Streik am Montag betroffen wären, hänge „ebenfalls von den möglichen Rahmenbedingungen, vor allem der Dauer, ab“.
Verfallen bereits bezahlte Tickets?
Nein. Im Falle eines Streiks bleiben ÖBB-Standard-Tickets auch am Folgetag gültig oder werden rückerstattet. Auch Besitzerinnen und Besitzer von Zeitkarten werden – entsprechend der Fahrgastrechte – entschädigt. Seitens der Westbahn hieß es, für Montag gebuchte Tickets würde man „kulant handhaben“.
Wenn die Bahn still steht – folgt dann (mehr) Stau auf der Straße? Verkehrsexperten rechnen nicht mit dem großen Ausweichen vom Zug auf den privaten Pkw. „Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, angekündigtes Verkehrschaos ist immer ausgeblieben“, so Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) an. Da sich mittlerweile das Homeoffice etabliert habe, sei zu erwarten, dass die Betroffenen, die ausweichen können, von zu Hause arbeiten. Ein Teil der betroffenen Pendler werde wohl auch Fahrgemeinschaften bilden.
Ist der Warnstreik noch abwendbar?
Ja. Am Donnerstag rangen die Verhandler um einen neuen Gesprächstermin. Der müsse vor Sonntagmitternacht zustande kommen, um einen Warnstreik abzuwenden, hieß es von der Gewerkschaft vida.