Haus des Meeres.
Seit nunmehr 65 Jahren schwimmt Meeresgetier durch das alte Gemäuer
Große Feierlichkeiten hat das Haus des Meeres (HdM) zum 65. Geburtstag am Samstag nicht geplant. Alle Gäste bekommen einen 65er-Schokotaler als Geschenk, die ersten 65 dürfen sich zudem über freien Eintritt freuen. Viel mehr Party ist nicht.
Dabei gäbe es auch abseits des Jubiläums viel zu feiern: Nach den finanziell harten Coronajahren steuert der Meereszoo auf einen eindrucksvollen Besucherrekord zu. 850.000 Gäste könnten es bis zum Jahresende werden, die bisherige Rekordmarke aus dem Jahr 2019 liegt bei 650.000. „Damit ist auch die finanzielle Misere Geschichte, wir können uns wieder frei bewegen“, berichtet Direktor Michael Mitic sichtlich erleichtert.
25 Millionen Euro wurden alleine in den vergangenen Jahren in Infrastruktur und neue Anlagen investiert. Der Großteil floss mit 18,5 Millionen Euro in den 2020 eröffneten Zubau, der dem alten Flakturm ein neues, freundliches Gesicht gab. Umso größer ist die Freude, dass die Neuerungen auch angenommen werden. Wobei der Erfolg nicht völlig unerwartet kam: Schon in der Vergangenheit sorgte jede Erweiterung für einen Gästezuwachs; bereits vor Corona schrieb man 15 Jahre in Folge Besucherrekorde, sagt Geschäftsführer Hans Köppen.
Frühe Krise
Davor verlief die Geschichte jedoch nicht immer so friktionsfrei. Gegründet 1957 von ehrenamtlichen Enthusiasten der Gesellschaft für Meeresbiologie, stand das HdM Mitte der Sechzigerjahre schon wieder vor dem Aus. Nur das Engagement des gelernten Spediteurs Franz Six, der 1966 im Alter von nur 21 Jahren im Haus landete, rettete den Zoo über diese erste, frühe Krise hinweg.
„Ohne zu übertreiben“, sagt Mitic, sei der heute 77-jährige Vorstand der Trägerstiftung die prägendste Figur
Vielfalt
Mehr als 10.000 Tiere aus 600 Arten leben auf rund 5.000 m2 Fläche
Wassermassen Rund zwei Millionen Liter Wasser befinden sich in den Becken. Alleine im Atlantiktunnel ist es eine halbe Million
Legende Bekannteste und älteste Bewohnerin ist die 47-jährige Schildkröte „Puppi“ der Geschichte des HdM. Dabei wollte Six ursprünglich nur Fische für sein Aquarium kaufen, weil er von der bevorstehenden Schließung des Zoos gelesen hatte. Daraus wurde jedoch nichts, stattdessen verpflichtete ihn der damalige Geschäftsführer Emmerich Schlosser vom Fleck weg.
Dieses frühe Engagement blieb nicht die einzige Heldentat Six’: Für die Errichtung des Tropenhauses übernahm der in der Zwischenzeit zum Präsidenten des Trägervereins Aufgestiegene Ende der Neunzigerjahre beträchtliche Bürgschaften.
Endausbau
Zum Glück machten sich Investitionen schon damals bezahlt. Wobei der Bauboom langsam sein Ende findet. Bis zum Frühjahr wird im 8. Stock noch eine Mangroven-Anlage errichtet, dann gibt es keinen Platz mehr. Überraschenderweise ist die im Vergleich zu führenden Meereszoos kleine Fläche des Flakturms aber gar nicht so ein Nachteil, wie man meinen möchte. „Natürlich, einen Manta oder einen Walhai kann ich hier nicht zeigen“, sagt Mitic. Dafür können die Gäste in den verhältnismäßig kleinen Becken viel besser auf Details achten.
„Das bietet eine Unmittelbarkeit, die habe ich in großen Becken nicht“, gibt der Hausherr zu bedenken. „Und es ist erstaunlich, wie interessant das viele finden.“Dazu kommt der Faktor des Außergewöhnlichen: Ein Meereszoo in einem Hochhaus „ist für viele schlicht nicht vorstellbar“, ergänzt Geschäftsführer Köppen.
Das Ende des konstanten Ausbaus heißt zudem nicht, dass es künftig keine Neuerungen mehr gibt. „Es gibt Anlagen, die kenne ich seit meinem Einstieg vor 35 Jahren“, sagt Mitic. Mit anderen Worten: Jetzt geht es ans Renovieren. Das erwähnte Tropenhaus musste etwa im Frühjahr nach einer Alarmmeldung der Statiker gesperrt werden und eröffnet in den nächsten Wochen bereits wieder. Fad wird es im Flakturm also auch in den nächsten 65 Jahren nicht werden.
Schwendermarkt. Die Faema-Kaffeemaschine, das gute, alte Stück, steht noch immer da. Eingezogen ist sie 2015, als Dominik Weiser seinen Stand 16 eröffnete. Er stellte sie auf die Budel, vom Eingang leicht links. Und dort blieb sie auch, als Nina Strasser, Stefan Rom und Benedikt Strasser dort, am Schwendermarkt im 15. Bezirk, das „Landkind“einrichteten, ein Marktcafé mit angeschlossenem Bauernladen. Aber jetzt hören die Landkinder auf. Sie wollen Neues probieren und Zeit für anderes haben. Sechs Jahre Landkind haben ihnen auch Zeit, Nerven und Ressourcen gekostet.
Am 15. November 2016 war das Landkind zum ersten Mal geöffnet. Nina, Beni und Stefan übernahmen einen weiß gefliesten Marktstand und machten ihn zu einem Grätzel-Treffpunkt; zu dem Grätzel-Treffpunkt. Sie haben das Käferbohnengulasch gefeiert und den Grünkohl wieder groß gemacht. Sie haben tollen, unbekannten Produzenten Raum für ihre Produkte gegeben und nebenbei den Schwendermarkt gerettet. Viele Jahre war er dem Untergang geweiht. Der Einsatz der Landkinder begann mit Protesten gegen die Marktordnung. Aber dabei blieb es nicht: Sie gestalteten einen Folder mit den tollen Betrieben im Grätzel und ließen ihn überall auflegen. Sie gründeten ein Lieferservice mit Lastenrad und fuhren nicht nur ihre Produkte aus, sondern auch die Fleischlaberl vom Gasthaus Quell.
Sie veranstalteten
Straßenfeste und pflegten den Kontakt zu Politik und Marktamt. Zuletzt forderten sie eine Fußgängerzone beim Markt – das Bürgerbeteiligungsverfahren startet demnächst.
Am 23. Dezember ist das Landkind zum letzten Mal so geöffnet, wie man es kennt. Nachfolger gesucht. Sie gehen, wenn es am schönsten ist, sagen die Landkinder. Wenn sie nicht mehr da sind, wird etwas fehlen am Schwendermarkt. Wer weiß, vielleicht bleibt die Faema, das gute, alte Stück, ja wo sie ist.